New York. Die Sängerin wirft ihrem Produzenten Missbrauch vor – beweisen kann sie das nicht.

. Im Pop-Olymp regieren junge Frauen: Miley Cyrus (23), Britney Spears (34), Katy Perry (31). Super-Produzent Lukasz Gottwald (42) alias Dr. Luke hat sie alle gefördert. Manch eine blieb im unerbittlichen Spiel um Aufmerksamkeit und Geld auf der Strecke. So wie Kesha (28). Dr. Luke nahm die Schulabbrecherin als 18-Jährige unter seine Fittiche, verpasste ihr ein aggressives Rotzgören-Image, machte aus dem S in ihrem Namen ein Dollarzeichen. Die Strategie ging auf: 2009 landet sie mit „Tik Tok“ einen weltweiten Nummer-1-Hit; 33 Millionen Platten verkaufte sie. Dann der Absturz: Alkohol, Essstörung, Klinik. Das versehrte Geschöpf wendete sich gegen seinen Schöpfer: Im Oktober 2014 verklagte die Sängerin ihren Förderer. Dr. Luke habe sie jahrelang beleidigt, bedroht, bedrängt, einmal sogar vergewaltigt. Er bestritt die Vorwürfe, reagierte mit einer Verleumdungsklage.

Seitdem will Kesha vor allem eines: raus aus dem Plattenvertrag mit Dr. Lukes Plattenlabel Kemosabe Records, einer Tochterfirma des Giganten Sony. Letzte Woche die Niederlage: Ein New Yorker Gericht schmetterte ihre einstweilige Verfügung ab. Der Vertrag, so die Richterin, sei hart verhandelt und für die Industrie typisch. Und was die angebliche Vergewaltigung angeht? Da fehlten die medizinischen Atteste. Kesha brach in Tränen aus. „Ich weiß, dass ich nicht mit Dr. Luke arbeiten kann“, hatte Kesha in ihrem Antrag geschrieben. „Ich fühle mich in keinerlei Hinsicht sicher.“

Keshas Anwalt Mark Geragos will weiterkämpfen. Er ist sich sicher, dass sich mehr Opfer melden werden. Der Jurist vergleicht den Fall mit Bill Cosby (78), dem Entertainer, dem mehrere Frauen Vergewaltigung vorwerfen. „Dr. Luke ist ein rachsüchtiger, bösartiger Mann“, sagt er.

Durch die Popwelt rauscht eine Welle der Solidarität mit Kesha. Bemerkenswert in einer Branche, in der es gilt, sich nicht mit den Großen anzulegen. Grammy-Abräumerin Taylor Swift (26) etwa spendete der auch finanziell ruinierten Kesha 250 000 Dollar für den Prozess. „Ich verneige mich vor deinem Mut“, schreibt Lady Gaga (29) im Internet. „Es tut mir leid, dass du dieses Erlebnis ertragen musstest“, schreibt Lily Allen (30). Andeutungsvoll gibt sich Kelly Clarkson (33), die auch mit Dr. Luke gearbeitet hat: „Wenn ich nichts Nettes über eine Person sagen kann, sage ich nichts. Also sage ich nichts zu Dr. Luke.“

Schauspielerin und Filmemacherin Lena Dunham (29, „Girls“) gibt sich in ihrem Blog streitbar: „Wir werden Scham und Angst nicht als Zustand akzeptieren, der hingenommen werden muss.“ Als sie von der Gerichtsentscheidung hörte, habe sie vor Wut geweint. Sie sieht den Fall politisch: „Was Kesha passiert, zeigt, wie das amerikanische Rechtssystem Frauen verletzt. Es versagt darin, sie vor den Männern zu beschützen, die sie als ihre Peiniger identifiziert haben“