Berlin. Gut zwei Wochen nach der tödlichen Gewaltorgie am Berliner Alexanderplatz sitzen zwei von sechs Verdächtigen in Untersuchungshaft. Die Beschwerde gegen die Haftverschonung eines 21-Jährigen habe Erfolg gehabt, teilte die Staatsanwaltschaft am Montag mit.

Der Haftbefehl erging wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge. Wegen des gleichen Vorwurfs wurde zuvor ein 19-Jähriger verhaftet. Der Hauptverdächtige, ebenfalls 19 Jahre alt, will sich laut «Bild»-Zeitung stellen. Er hatte sich vermutlich in die Türkei abgesetzt.

Den Männern wird vorgeworfen, in der Nacht zum 14. Oktober den 20-Jährigen vor einem Lokal nahe dem Alexanderplatz ohne Anlass so brutal zusammengeschlagen und getreten zu haben, dass er einen Tag später an Gehirnblutungen starb. Am Sonntag nahm Berlin mit einer bewegenden Zeremonie Abschied von Jonny K.. Die Prügelattacke hatte bundesweit Entsetzen sowie eine neue Sicherheitsdebatte ausgelöst.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, sagte der dpa: «Wir hoffen, dass wir in Kürze die fehlenden drei Verdächtigen haben.» Alle seien namentlich bekannt. Auch Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) zeigte sich zuversichtlich: «Natürlich sind Polizei und Justiz sehr aktiv, und sie machen auch gute Fortschritte.»

Ein dritter Verdächtiger (19) hatte sich wie der 21-Jährige am Mittwoch bei der Polizei gestellt. Ein Richter lehnte den beantragten Haftbefehl gegen den 19-Jährigen aber ab. Er soll einen Begleiter des Gewaltopfers angegriffen und verletzt haben. Die Staatsanwaltschaft verzichtete wegen fehlender Erfolgsaussichten auf eine Beschwerde gegen die Richterentscheidung.

Ein Reporter habe den 19-jährigen Hauptverdächtigen in der Türkei ausfindig gemacht, berichtete «Bild» am Montag. Im Interview sagte der frühere Boxer demnach: «Ich komme nächste Woche nach Deutschland zurück, werde mich meiner Verantwortung stellen.»

Die Staatsanwaltschaft ließ offen, ob es entsprechende Hinweise darauf gibt. Der Sprecher wollte auch nicht sagen, ob nach dem 19-Jährigen mit internationalem Haftbefehl gesucht wird: «Zu Fahndungsmaßnahmen sagen wir nichts.»

In der Vorwoche hieß es bei den Ermittlern, der 19-jährige Deutsche, der sich wohl in die Türkei absetzte, könnte die treibende Kraft des brutalen Überfalls gewesen sein. Im «Bild»-Interview gab er zwar zu, bei der Attacke dabei gewesen zu sein. Er habe aber nicht auf den am Boden liegenden jungen Mann eingetreten.

Die Auslieferung eines Deutschen aus der Türkei wäre mit Haftbefehl und Auslieferungsersuchen möglich. In Ankara hieß es, die türkische Polizei nehme ausländische Staatsbürger fest, wenn es über Interpol einen internationalen Haftbefehl gebe. Wohin die beiden anderen Verdächtigen geflüchtet sind, blieb offen.

Dass «Bild» mit einem der Verdächtigen in der Türkei sprach, warf die Frage auf, warum die Zeitung den Gesuchten fand - und die Polizei dem Anschein nach nicht. Es gebe natürlich Zielfahnder der Polizei, die im Ausland tätig werden, sagte der Berliner Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Bodo Pfalzgraf, dem Radiosender 104.6 RTL. (dpa)