Berlin. Nach dem Tod eines Babys wegen einer Darmkeim-Infektion schließt die Berliner Charité Versäumnisse bei der Hygiene nicht aus. Zugleich wies das Klinikmanagement Vorwürfe zurück, die Frühchen-Abteilungen seien personell unterbesetzt.

Die Personalstärke sei verbesserungsfähig, aber vertretbar, sagte der ärztliche Direktor, Prof. Ulrich Frei, am Dienstag in Berlin.

Unterdessen geht in der Charité - dem größten Uniklinikum Deutschlands - die Suche nach den Ursachen der Infektionen mit sogenannten Serratien-Keimen weiter. In dem Krankenhaus waren sieben Säuglinge an Darmkeimen erkrankt, von denen einer nach einer Operation im Deutschen Herzzentrum starb. An mindestens 16 weiteren Kindern wurden Keime nachgewiesen, ohne dass die Kleinen erkrankten.

Nach Angaben der Aufsichtsbehörde wurden Keime auf drei Stationen der Charité und auf zwei Stationen des Deutschen Herzzentrums nachgewiesen. Für zwei Charité-Stationen für Frühgeborene gilt ein Aufnahmestopp.

In beiden Einrichtungen werde intensiv nach der Quelle der Verunreinigungen gesucht, berichtete der Leiter der Hygiene- und Umweltmedizin im Gesundheitsamt Berlin-Mitte, Karl Schenkel. Von allen Gegenständen des täglichen Bedarfs würden für mikrobiologische Untersuchungen sogenannte Abklatschproben genommen, selbst von Seifen und Desinfektionsmitteln.

Nach Angaben der Charité wird auch dem Hinweis von Eltern nachgegangen, dass möglicherweise ein Babybad aus einer Drogerie als Keimquelle infrage komme. Im Sommer hatte es eine Rückrufaktion von zwei Unternehmen gegeben. Die Firma Rossmann teilte am Dienstag mit, dass die betroffenen Produkte zwar in Läden gelangten, aber nicht in den Verkauf. In der Charité wurde das Pflegebad nach Klinikangaben nicht genutzt, Mütter könnten es aber für sich verwendet haben.

Mittlerweile wurde bekannt, dass es bereits im Juli zwei Infektionen bei Frühchen an der Charité gegeben hatte. Ein Kind steckte sich bei der Mutter an. Im Oktober kam es zu einem zweiten Ausbruch. Am 5. Oktober starb ein Kind am Deutschen Herzzentrum an einer Infektion. Es war zuvor aus der Charité verlegt worden. Die Klinik gehe davon aus, dass sich das Kind an der Charité infiziert habe, sagte der Direktor der Neonatologie, Prof. Christoph Bührer. Bei der Verlegung sei der Keim aber noch nicht nachweisbar gewesen.

Die Leiterin des Hygiene-Instituts der Charité, Prof. Petra Gastmeier, lobte die vergleichsweise hohe Desinfektionsquote auf den Frühchen-Stationen der Charité. Kontrollen hätten ergeben, dass sich die Mitarbeiter in durchschnittlich 93 Prozent der notwendigen Fälle die Hände desinfizierten. Gastmeier schloss nicht aus, dass es «die eine oder andere verpasste Handdesinfektion» gegeben haben könnte.

Der vom Robert Koch-Institut empfohlene Personalschlüssel von drei Pflegern pro Bett wird auf der Intensivstation für Frühchen mit dem Stammpersonal nicht erreicht. Mit Extraschichten und Überstunden komme man nur auf 2,85 bis 2,91 Mitarbeiter pro Bett, sagte Frei. Es sei schwer, qualifiziertes Personal zu finden.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft forderte mehr Geld für die Infektionsvorbeugung. Auch an anderen Kliniken in Deutschland gab es bereits Todesfälle bei Neugeborenen nach Keim-Infektionen, darunter in Bremen. (dpa)

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