Bremerhaven. Die Menge an Plastikmüll steigt selbst in der arktischen Tiefsee. Das bestätigten Forscher des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) mit Hilfe spezieller Unterwasser-Fotos beim Tiefsee-Observatorium «Hausgarten».

2002 konnten die Wissenschaftler auf rund einem Prozent der Aufnahmen Müllreste sehen, 2011 entdeckten sie bereits auf rund zwei Prozent der Bilder Abfall. «Der Arktische Ozean und vor allem seine Tiefseegebiete galten lange Zeit als entlegene, nahezu unberührte Regionen der Erde», berichten die Forscher. Gerade vor diesem Hintergrund sei der beobachtete Anstieg bedenklich.

Das Müllaufkommen rund um das AWI-Tiefsee-Observatorium in der östlichen Framstraße zwischen Grönland und Spitzbergen ähnele somit inzwischen den Mengen, die in Tiefseegräben vor der portugiesischen Hauptstadt Lissabon gefunden wurden, teilte die AWI-Biologin Melanie Bergmann am Montag in Bremerhaven mit. Die Studie wurde online im Fachmagazin «Marine Pollution Bulletin» veröffentlicht.

Bergmann wertete rund 2100 Fotos vom Meeresboden rund um das Tiefsee-Observatorium aus. Ein ferngesteuertes Kamera-System schwebte in 2500 Meter Wassertiefe etwa 1,5 Meter über dem Meeresgrund und machte Aufnahmen vom Boden. Die Bilder sollten eigentlich Veränderungen in der Artenvielfalt von Tiefseebewohnern wie Seegurken, Seelilien und Garnelen dokumentieren. Die Fotos lieferten aber auch Belege für die zunehmende Verschmutzung der Tiefsee.

Die Herkunft des Mülls ist mit Hilfe der Fotos zwar nicht zu bestimmen. Nach Bergmanns Überzeugung spielt aber der Rückgang des Eises eine Rolle. «Die arktische Meereisdecke wirkt normalerweise wie eine Barriere.» Seitdem die Eisdecke regelmäßig schrumpfe, habe der Schiffsverkehr stark zugenommen. «Wir beobachten inzwischen dreimal mehr Privatjachten und bis zu 36 mal mehr Fischereischiffe in dieser Region als noch vor dem Jahr 2007.»

Die Entwicklungen könne den Lebewesen der Tiefsee gefährlich werden, schreiben die Forscher. Plastikabfall könne Tiere verletzten, giftig wirken und sogar die Artenzusammensetzung verändern.

Bergmann und ihre Kollegen wollen ihre Arbeiten zum Thema jetzt ausweiten. Sie wollen prüfen, wie groß die Belastung des arktischen Meeres mit Mikro-Plastikpartikeln ist. Diese entstehen, wenn Plastikmüll unter dem Einfluss von UV-Licht und Wellen in winzige Teile zerlegt wird. (dpa)

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