Salzgitter. Mit vereinten Kräften gegen Einsamkeit und für ein Leben voller Glücksmomente, dafür setzen sich die Mitglieder der Selbsthilfegruppe ein.

Damit Menschen mit einer Sehbehinderung oder Erblindete nicht vereinsamen und am Leben teilnehmen können, dafür setzt sich der Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen mit der Kreisgruppe Salzgitter ein. Dazu gehören gemeinsame Unternehmungen, aber auch das Zuhören, wenn es Sorgen oder Nöte gibt. Nur für eins ist in der Ortsgruppe kein Platz - fürs Jammern.

„Wir wollen etwas erleben und Spaß an der Gemeinsamkeit haben“, sagt Gerda Neumann, die dem Verein angehört. Die 81-Jährige ist in ihrem Heimatort Lengede mit ihrem Blindenhund Bolero unterwegs und gehört zu den Menschen, die trotz ihres Sehverlustes vor rund 28 Jahren immer auf Achse ist. Seheinschränkungen führen nicht automatisch dazu, dass die eigenen vier Wände zum Dreh- und Angelpunkt werden, das will die Selbsthilfegruppe erreichen.

Gerda Neumann lebt seit 28 Jahren ohne Augenlicht und ist dennoch positiv gestimmt. Ihr Blindenhund Bolero ist ihr ein treuer Begleiter.
Gerda Neumann lebt seit 28 Jahren ohne Augenlicht und ist dennoch positiv gestimmt. Ihr Blindenhund Bolero ist ihr ein treuer Begleiter. © Heike Heine-Laucke | Heike Heine-Laucke

Der Austausch steht bei monatlichen Treffen im Fokus

Auf die Idee, sich mit Gleichgesinnten in Salzgitter zu vernetzen, kam vor Jahren Karl-Heinz Vogel, der heute noch das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden bekleidet. Er ist der Motor, der alles dafür unternimmt, dass die Lebensqualität der Menschen mit Seheinschränkungen zunimmt. Und genau dafür ist ihm die Vorsitzende Jasmin Bartels dankbar. „Unser Kalle ist zu allem bereit. Jetzt steht bald ein Besuch in der Grundschule an“, lacht die Vorsitzende. Denn für Vogel ist es wichtig, Sehenden zu erklären, wie es sich anfühlt, nicht sehen zu können, aber dass es kein Grund gibt, einen zu bemitleiden.

Vorsitzende Bartels: „Ich habe fast volle Sehkraft, aber durch die Arbeit im Ehrenamt mit Nichtsehenden ist mir eine neue Welt eröffnet worden.“ Wichtig sind die monatlichen Treffen, bei denen geklönt wird oder auch Planungen für Ausflüge gemacht werden. Die Selbsthilfegruppe stützt sich gegenseitig, wenn es einmal nicht so gut läuft. Wie neulich bei Horst Müller, der in einen Bus einsteigen wollte und einfach beiseite gedrängt wurde. „Das ist nicht alltäglich, macht aber traurig“, sagt der 81-Jährige.

67 Mitglieder hat die Kreisgruppe in Salzgitter

Sind ein perfektes Team: Jasmin Bartels, Vorsitzende der Ortsgruppe Salzgitter des Blindenvereins, und Karl-Heinz Vogel, zweiter Vorsitzender.
Sind ein perfektes Team: Jasmin Bartels, Vorsitzende der Ortsgruppe Salzgitter des Blindenvereins, und Karl-Heinz Vogel, zweiter Vorsitzender. © Heike Heine-Laucke | Heike Heine-Laucke

Else Becker ist 88 Jahre alt, und seit fast 50 Jahren lebt sie ohne Augenlicht. Dass es die Selbsthilfegruppe gibt, darüber ist sie froh. Ihr gehören 67 Mitglieder an und Unterstützung erhalten die Seheingeschränkten von Ehrenamtlichen, die bei Ausflügen Wege weisen, sie an die Hand nehmen und über Hindernisse führen. In der Ortsgruppe Salzgitter sind überwiegend Senioren. Jüngere haben ihre Anlaufstelle in Braunschweig. „Wobei“, sagt Karl-Heinz Vogel, „wir uns über jüngeren Zuwachs immer freuen.“ Vogel war im Übrigen acht Jahre im Behindertenbeirat der Stadt Salzgitter und macht auch heute noch mobil, wenn es darum geht, Stolperfallen in der Öffentlichkeit aufzudecken und diese zu beseitigen.

Heinz Hagdorn, der ebenfalls der Ortsgruppe angehört, sagt auf die Frage, wie es sich anfühle, nicht sehen zu können: „Ich befinde mich ständig, wie von einer dicken Nebelwand umgeben.“ Auch für ihn sind das Zusammentreffen und die Vernetzung mit anderen Mitgliedern positive Signale für sein Lebenscredo: „Alles – nur nicht aufgeben.“ Die Ehrenamtlichen holen die Erblindeten ab. Führen sie zum Sitzplatz, erklären ihnen ihre Umgebung, nur eins können sie nicht: In die Welt der Dunkelheit eintauchen und diese vollkommen verstehen. „Glauben Sie mir“, sagt Vorsitzende Bartels, „die Welt ist nicht so dunkel, wie viele denken. Sie ist einfach anders und vielleicht sogar um einige Facetten reicher.“

Gemeinsam-Preis 2024

Mit der Verleihung des Gemeinsam-Preises im Braunschweiger Dom wollen wir Menschen aus der gesamten Region auszeichnen, die sich in besonderer Weise für die Gesellschaft engagieren.

Es sind Preise in zwei verschiedenen Kategorien ausgelobt:
1) Gemeinsam-Preis für bürgerschaftliches Engagement
2) Jugendpreis des Braunschweiger Doms

Der Preis wird am 14. Mai um 18.30 Uhr im Braunschweiger Dom vergeben.