Celle. . Der Hausarzt hatte einem Patienten wegen Rückenschmerzen viermal innerhalb einer Woche zwei Präparate gleichzeitig in die Gesäßmuskulatur injiziert.

Wegen eines schweren Behandlungsfehlers muss ein Hausarzt an die Familie eines verstorbenen Patienten 500.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Der Bundesgerichtshof verwarf in einem am Donnerstag vom Oberlandesgericht (OLG) Celle bekanntgemachten Beschluss die Revision des Mediziners. Das entsprechendes Urteil des OLG vom August 2018 sei damit rechtskräftig, sagte ein Justizsprecher.

Patient musste ein Jahr lang künstlich beatmet werden

Der Hausarzt hatte dem damals 50-jährigen Patienten wegen akuter Rückenschmerzen viermal innerhalb einer Woche zwei Präparate gleichzeitig in die Gesäßmuskulatur injiziert. Einige Stunden nach Verabreichung der vierten Spritze kollabierte der Mann zu Hause. Er wurde mit Schüttelfrost, Atemschwierigkeiten und Schmerzen als Notfall im Krankenhaus aufgenommen.

Auslöser des Kollapses war ein schwerer septischer Schock infolge eines Spritzenabszesses, der zu einem mehrfachen Organversagen und einer weitgehenden Lähmung führte. Der Mann musste ein Jahr lang künstlich beatmet werden, er starb schließlich durch einen ärztlich begleiteten Freitod. Der Patient war verheiratet und Vater von drei minderjährigen Kindern.

Gericht berücksichtigt „extreme Leiden des verstorbenen Patienten“

Das Landgericht Lüneburg und das OLG Celle werteten die ärztliche Behandlung als grob fehlerhaft und verurteilten den Mediziner zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 500.000 Euro an die Witwe und die Kinder des Verstorbenen. Die intramuskuläre Injektion der beiden Präparate habe sowohl dem fachlichen medizinischen Standard als auch den gängigen Leitempfehlungen widersprochen, begründeten die Richter ihre Entscheidung.

Es komme auch nicht darauf an, ob der Patient vor Verabreichung der Injektionen in diese eingewilligt habe. Dass der dramatische Krankheitsverlauf ungewöhnlich und nicht vorhersehbar gewesen sei, stehe der Haftung des Hausarztes ebenfalls nicht entgegen. Das Schmerzensgeld sei auch in der Höhe angemessen, weil das extreme Leiden des verstorbenen Patienten berücksichtigt werden müsse. epd