Seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten schmeißt sich Kolo Touré in jeden Zweikampf, in jedes Kopfballduell und in jeden Schuss, wenn er für die Elfenbeinküste aufläuft. 112 Länderspiele stehen in der Statistik des 35 Jahre alten Innenverteidigers des FC Liverpool. Doch zu dieser enormen Zahl wäre es beinahe nie gekommen. Denn Touré ist wie viele Sportler abergläubisch. Aber seine Marotte hätte ihn fast mal den Platz in der Auswahl der „Elefanten“ gekostet. Denn er betritt immer als letzter Spieler den Platz. So auch nach der Halbzeit bei einer K.o.-Begegnung vor einigen Jahren. Das Problem: Tourés verletzter Mannschaftskollege lag noch in der Kabine und wurde behandelt. Touré betrat den Rasen nicht, ehe sein Kamerad vor ihm aufs Grün ging. Er ließ sein Team minutenlang mit zwei Mann in Unterzahl spielen, weil ihm sein Aberglaube wichtiger war – wohlgemerkt in einem wichtigen K.o.-Spiel. Es drohte der Rauswurf, aber Touré kam mit einer Geldstrafe davon. Seiner Marotte blieb er immer treu.

Was hat diese Geschichte mit der Nominierung des deutschen EM-Kaders zu tun? Nun, viele Sportler und solche, die in dem Geschäft arbeiten, sind abergläubisch. Und ich auch. Vor der WM 2014 traute ich an dieser Stelle dem Löw-Team den Titel zu – und es klappte. Also am besten nichts ändern!

Doch der Bundestrainer konnte sich nicht daran halten. Er musste in seinem Kader jonglieren, weil einige die Weltmeisterschuhe an den Nagel hängten (Lahm, Mertesacker, Klose) und andere verletzt ausfallen (Gündogan). Doch Löw hat einen jungen, hungrigen Haufen beisammen. Spieler wie Julian Weigl, Emre Can, Leroy Sané oder Joshua Kimmich bringen frischen Wind in die zuletzt sehr satt wirkende Truppe. Auch wenn die Jungs wohl nicht in der Startelf stehen werden, machen sie im Training Druck auf die Etablierten. Und das wird den nötigen Zug bringen. Klar, die EM ist trotz zu vieler Teilnehmer top besetzt, England und Frankreich muss man auf der Rechnung haben. Doch Deutschland wird’s machen. Die Mischung stimmt! Und vielleicht hilft ja auch der Aberglaube ein wenig mit...