In der aktuellen Diskussion um die Zulässigkeit einer Beschneidung von Jungen, die nicht medizinisch notwendig ist, bin ich der Ansicht, dass das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit nicht zur Disposition gestellt werden darf.

Eine Beschneidung ist keine Bagatelle. Sie ist schmerzhaft, gerade auch im Heilungsprozess, und sie ist risikobehaftet. Hierauf weisen die Fachverbände der deutschen Kinder- und Jugendärzte eindringlich hin und lehnen daher eine medizinisch nicht notwendige Beschneidung geschlossen ab. Jenseits der Frage der Komplikationen führt die Beschneidung zur unwiederbringlichen Entfernung eines Körperteils, der durchaus wichtige Funktionen hat.

Eine Beschneidung kann negative Folgen für die Psyche und auch die Sexualität haben. Sie ist nicht rückgängig zu machen. Ein solcher Eingriff darf daher nicht ohne die Zustimmung des Jungen selbst erfolgen. Eltern sollten sich für die Beschneidung ihres mindestens 14-jährigen Sohnes entscheiden können, sofern dieser zustimmt sowie einsichts- und urteilsfähig ist. Die Festlegung der Altersgrenze auf 14 liegt nahe, da mit diesem Alter die Religionsmündigkeit beginnt.

Die Beschränkung des Erziehungsrechts der Eltern ist in Deutschland nicht unbekannt. Kinder haben beispielsweise ein Recht auf gewaltfreie Erziehung; nicht mal eine Ohrfeige ist den Eltern erlaubt und das zu Recht. Minderjährigen ist der Besuch von Sonnenstudios selbst mit Einwilligung der Eltern nicht erlaubt. Wenn also Eltern ohne Zustimmung ihres Sohnes in eine medizinisch nicht notwendige, risikobehaftete Behandlung wie die Beschneidung einwilligen dürfen, stünde dies in keinem Verhältnis. Die Einwände der jüdischen Gemeinden und der Muslime sind sehr ernst zu nehmen. In der Abwägung müssen aber das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Selbstbestimmung der Jungen Vorrang haben vor Religion und Tradition.