„An der Botschaft aus Den Haag ändert auch Slobodan Praljaks einsame Entscheidung nichts.“

Das UN-Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien hat von Den Haag aus eine Botschaft in die Welt gesandt: Wer Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht, muss damit rechnen, auf der Anklagebank zu landen.

Auch der bosnisch-kroatische Ex-General Slobodan Praljak (72) saß auf dieser Anklagebank. Gestern bestätigte die Berufungskammer das Urteil gegen ihn:
20 Jahre Haft. Praljak nahm daraufhin Gift – im Gerichtssaal, vor laufenden Kameras.

Warum wählte Praljak lieber den Freitod, statt ins Gefängnis zu gehen? Ist es der Verlust der Ehre? Will er sich als Opfer und seine Sache als legitim inszenieren, um einen Märtyrer-Mythos aufzubauen?

Sicher ist: Praljak empfand das Urteil als Siegerjustiz. Tatsächlich sind internationale Tribunale das Gegenteil. 1945 sagte der
Chefankläger bei den Nürnberger Prozessen, Robert H. Jackson, es sei „eines der bedeutsamsten Zugeständnisse“ der Macht an die Vernunft, dass die Sieger nicht Rache übten, „sondern ihre gefangenen Feinde freiwillig dem Richtspruch des Gesetzes übergeben“.

Seit 1993 hat das Jugoslawien-Tribunal 160 mutmaßliche Kriegsverbrecher angeklagt und 84 verurteilt. Erstmals nach den Nürnberger Prozessen hat die Völkergemeinschaft bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht weggeschaut. An dieser Botschaft aus Den Haag ändert auch Slobodan Praljaks einsame Entscheidung nichts.

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