„Einmal mehr ist die FDP politisch der Schwanz, der mit dem Hund wackelt.“

Es hätte so spannend werden können. Eine Jamaika-Regierung mit wertkonservativem Kern, Leidenschaft für Umweltschutz und gleichzeitig liberalem Gestaltungswillen. Dazu mit den Sozialdemokraten eine echte Opposition, als soziales Gewissen. Es ist schade, dass diese ungewöhnliche politische Konstellation ohne echte Chance blieb.

Ausgerechnet FDP-Chef Lindner hat diesem interessanten Parteienbündnis den Stecker gezogen. Ohne Not – schließlich hatten die Unterhändler die größten Hürden schon beiseitegeräumt. Daher stellt sich die Frage: Hat der FDP-Chef wirklich den Erfolg – oder doch nicht insgeheim den politischen Urknall gesucht? Um ein weiteres Erfolgskapitel zu schreiben? Über den unbequemen Liberalen, der keine faulen Kompromisse eingeht? Der es schafft, bei Neuwahlen noch eine Schippe draufzupacken. Wenn sich Lindner da nicht verrechnet hat.

„Nichtstun ist Machtmissbrauch“ hat die FDP im Wahlkampf geklebt. Worte, die den Star der Liberalen einholen können. Europas wichtigste Industrienation hat auf Monate eine Führung auf Abruf, und ob die Wähler Lindners Schritt wirklich honorieren, ist mehr als fraglich.

Einmal mehr ist die FDP politisch der Schwanz, der mit dem Hund wackelt. Wobei es diesmal nicht um die Macht geht, sondern um die Demonstration von Macht. Wer mit wem regieren soll, steht weiter in den Sternen. Dass weder FDP noch SPD mit dem Wahlsieger regieren wollen, macht die Sache fast unauflösbar.

Es ist fast ein kleines Wunder, dass die Kanzlerin bereit ist, auch bei Neuwahlen wieder anzutreten. Vier Wochen Nachtarbeit für nichts, keine realistische Machtoption, eine verfeindete CSU im Nacken und die Chance, das historisch schlechteste Wahlergebnis der Union noch mal zu unterbieten. Wer hätte ihr da verdenken können, wenn sie diesmal gesagt hätte: „Liebe Wähler, für mich war’s das!“