„May nannte auch in Florenz keine Zahlen zu den Kosten der Scheidung, anders als man in Brüssel gehofft hatte.“

Florenz gilt als Wiege der Renaissance. Von Renaissance und Neubeginn war denn auch viel die Rede, als Theresa May in Florenz ihre Vision vom Brexit darlegte. Die angeschlagene britische Premierministerin versuchte, die riskante Scheidung von der EU in eine historische Chance umzudeuten. Doch gelungen ist das nicht. Mit dem, was May verkündete, dürfte sie sowohl ihre Landsleute in Großbritannien als auch die Berufseuropäer in Brüssel und Berlin frustriert haben. Denn sie ging an den Erwartungen beider Seiten vorbei. Die Briten müssen sich nun auf eine zweijährige Übergangsphase nach dem Austritt im März 2019 einstellen. In der Praxis läuft es darauf hinaus, den Brexit auf die lange Bank zu schieben. Aus EU-Sicht ist das vernünftig, für die Brexiters auf der Insel ist es ein rotes Tuch. Dies gilt umso mehr, als May wieder der Frage ausgewichen ist, ob es nun ein „harter“ oder „weicher“ Brexit wird. May nannte auch in Florenz keine Zahlen zu den Kosten der Scheidung, anders als man in Brüssel gehofft hatte. Sie sicherte nur zu, dass London seine finanziellen Verpflichtungen erfüllen wird, die es als EU-Mitglied eingegangen sei. Doch das reicht nicht, um die festgefahrenen Brexit-Verhandlungen wieder in Fahrt zu bringen. Schon jetzt ist klar, dass der Zeitplan nicht mehr zu halten ist. Damit nimmt auch die Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns zu. Die EU wäre gut beraten, über einen „Plan B“ nachzudenken – für den Fall, dass gar nichts mehr geht.

Einen aktuellen Artikel zum Thema finden Sie hier: Briten wollen nach dem Brexit einen Abschied auf Raten