„Das bettelarme Nordkorea hängt am Tropf der ostasiatischen Großmacht.“

Die schlechteste aller Möglichkeiten wäre die militärische. Ein US-Angriff auf nordkoreanische Ziele würde einen sofortigen Gegenschlag auf die südkoreanische Hauptstadt auslösen. Im Großraum Seoul leben rund 25 Millionen Menschen. Amerika würde unweigerlich in einen Krieg hineingezogen. In Südkorea sind 23 000, in Japan fast 40 000 US-Soldaten stationiert.

So schwierig die Lage ist: Es schlägt die Stunde der Diplomatie. Der Schlüssel hierfür liegt in China. Das bettelarme Nordkorea hängt am Tropf der ostasiatischen Großmacht. Mehr als 90 Prozent seines Außenhandels wickelt es mit dem Nachbarn ab. Würde Peking den Ölhahn zudrehen, wäre Pjöngjang erledigt. Diesen Schritt hat China bisher nicht gemacht, weil es eine Kettenreaktion befürchtet: Kollaps des Regimes von Kim Jong-un, eine riesige Flüchtlingswelle und ein zwangswiedervereinigtes Korea mit US-Truppen direkt an der eigenen Grenze. Also hält Peking Pjöngjang am Leben, die ganz große Sanktionskeule wird nicht ausgepackt. China glaubt, selbst ein atomar bewaffnetes Nordkorea durch wirtschaftliche Abhängigkeit an die Kandare nehmen zu können.

Die USA hätten die Chance,
Pekings Ängste zu mildern. Der ehemalige amerikanische Außenminister Henry Kissinger hat aufgezeigt, wie es gehen könnte. Bei einem Zusammenbruch der Herrschaft von Kim müsse Washington den weitgehenden Abzug der US-Kräfte aus Südkorea zusichern. Wenn Amerika will, dass sich China bewegt, muss es sich ebenfalls bewegen. Zugegeben, der Glaube an das multilaterale Zusammenspiel der Kräfte ist nicht die Stärke von Präsident Donald Trump. Aber er hat vernünftige Leute in seiner Regierung: Außenminister Rex Tillerson, Verteidigungsminister James Mattis oder Sicherheitsberater Herbert McMaster. Man kann nur hoffen, dass sie beim Umgang mit dem Nordkorea-Konflikt mehr Gehör finden.