„Das stärkste Argument für die Kanzlerin lautet abermals: ,Sie kennen mich‘“.

Glaubt man FDP-Chef Christian Lindner, ist nicht die Bundestagswahl, wohl aber das Rennen um Platz eins schon gelaufen. Nach dieser Logik ist es keine Herausforderung, einen CDU-Wahlkampf zu führen. Ihr Generalsekretär Peter Tauber sitzt quasi im selbstfahrenden Auto, unterwegs auf der Siegerstraße. So ist die Wahrnehmung. Aber vielleicht werden Merkels Aktien auch gnadenlos überbewertet. Es gibt Unzufriedenheit, die Flüchtlingskrise ist unvergessen, genauer gesagt: der Kontrollverlust und die Folgen. Die Konservativen im Land empfinden die Merkel-CDU als „beliebig und orientierungslos“ (Friedrich Merz). Insbesondere in Bayern dürfte zwischen Stimmung und Wahrnehmung eine große Diskrepanz bestehen.

Das stärkste Argument für die Kanzlerin lautet abermals: „Sie kennen mich“. Auch ihre Strategie ist bekannt: die asymmetrische Demobilisierung. So nennt man es, wenn jemand Reizthemen und alles vermeidet, was den Gegner anstacheln könnte, und den Wählern programmatische Schonkost auftischt. Zweimal war Merkel damit erfolgreich. Wenn es noch eines Beweises dafür bedurfte, dass sie es ein drittes Mal probieren wird, hat ihn Tauber gestern geliefert. Mit seinen Großflächenplakaten könnte man genauso für die SPD werben. Die Gefahr ist groß, dass die CDU diesmal nicht nur die Anhänger ihrer Konkurrenz, sondern auch ihre eigenen demobilisiert. Die Christdemokraten könnten ein Motivationsproblem bekommen.