„Das Engagement der Helfer ist so großartig, dass es gar nicht laut genug gewürdigt werden kann. Ohne die Ehrenamtlichen wäre es nicht denkbar.“

„Feuer und Wasser sind zwei gute Diener, aber schlimme Herren.“ Deutsche Volksweisheit

Katastrophenalarm in Goslar und Wolfenbüttel, Überschwemmungen von Bad Harzburg bis Hannover. In dieser Woche standen viele Menschen in unserer Region vor einer ganz besonderen Bedrohung. Gegen die elementare Kraft der Flut kann sich der Mensch nur begrenzt wehren. Das Wasser findet seinen Weg, Sandsäcke, Absperrungen, Pumpen sind nur Barrieren auf Zeit. Jeder, der sie vor seine Türen und Einfahrten schichtet, weiß: Es ist ein Versuch mit offenem Ausgang.

Was Menschen in dieser Lage bewegt, kann wohl nur ermessen, wer selbst schon einmal gewartet hat, ob das Wasser in Keller und Wohnetage dringt, oder ob die dürftige Barriere und günstiges Wetter Heim und Besitz vielleicht doch vor Schlimmerem schützen. Man hat die Bilder vor Augen von verschlammten Räumen, von zerstörtem Mobiliar, von Menschen, die nicht mehr aus noch ein wissen. Und wartet.

Die Flut dauert an. Allen Betroffenen ist zu wünschen, dass das Wasser sie verschont – oder dass sie zumindest unverletzt bleiben und Hilfe von ihrer Versicherung erwarten können. Selbst die Elementarschadenversicherung, die längst nicht so verbreitet ist wie das Überschwemmungsrisiko, deckt nicht alle Wasserschäden. Auch bei diesem Hochwasser werden wieder Bürger mit ihrem Schaden allein bleiben. Es ist gut, dass Ministerpräsident Weil Hilfe in Aussicht stellt.

Jeder, der mit dem Wasser konfrontiert ist, empfindet tiefe Dankbarkeit für die Kompetenz der Einsatzleitungen, der Polizei und die Hilfe der Feuerwehren, des THW und anderer Organisationen. Sie rückten in Maximalbesetzung aus, eilten aus der gesamten Region in die Krisengebiete. Das Engagement der Helfer ist so großartig, dass es gar nicht laut genug gewürdigt werden kann. Ohne die Ehrenamtlichen wäre es undenkbar. Wir sollten stolz auf diese Menschen sein, die zur Stelle sind, wo Hilfe gebraucht wird. Wenn ihnen Schaulustige in die Quere kommen, endet jedes Verständnis. Die Gaffer, die Bürgermeister Pink in Wolfenbüttel beklagt, haben im Flutgebiet nichts verloren. Wer nicht hilft, sollte wegbleiben!

Nach der Flut wird einmal mehr die Diskussion über die Ursachen geführt werden. Wir verbauen dem Wasser viele Wege, auf denen es versickern könnte. Die Großstadt Braunschweig wäre viel heftiger vom Hochwasser betroffen, hätten vorausschauende Politiker und Fachleute nicht ein System der Regelungen und der Überflutungsbereiche geschaffen und bewahrt, das dem Wasser die Kraft raubt. Die Flut blieb, wo sie weniger Schaden anrichtet.

Selbst solche Klugheit schafft aber keine Garantie gegen künftige Hochwasser. Wenn innerhalb weniger Tage so viel Wasser vom Himmel kommt wie in diesem eigenartigen Juli, kommt es zwangsläufig zu Ausnahmesituationen. Die Wetterstatistiker sagen uns, dieser Monat sei nicht ungewöhnlich. Man sieht, wie irreführend Durchschnittswerte sein können.

Auch das andere große Thema dieser Woche hat mit Wolken zu tun – dem Abgas aus dem Auspuff. Die politischen Spitzen der verantwortlichen Berliner Ministerien veranstalten dieser Tage ein Schaulaufen, das am besten mit schlechtem Gewissen zu erklären ist. Verkehrsminister Dobrindt packt in bester CSU-Tradition den Hammer aus und straft Porsche mit einem Zulassungsverbot. Seine SPD-Kollegin Barbara Hendricks verkündet das Ende der Nähe zwischen Industrie und Politik. Es ist ein reichlich spätes Erwachen – und angesichts der Nähe zur Bundestagswahl ein wenig peinlich. Hinreichend straffe Kontrolle der Autoindustrie hat es offensichtlich nicht gegeben.

Nicht, dass das Kontrollsystem der Unternehmen besser funktioniert hätte. Ministerpräsident Weil beklagt, er habe als Mitglied des Aufsichtsrates „keine hinlängliche Kenntnis“ der kartellverdächtigen Absprachen gehabt, die ja das nächste Kapitel des Handbuchs „So zerstört man Vertrauen“ schreiben. Weils Aussage ist eine interessante Formulierung aus dem Munde eines Juristen. Er sagt nicht: „Wir haben nichts gewusst.“ Da muss die Frage erlaubt sein, ob der Aufsichtsrat seinem Namen Ehre macht.

Klar ist aber auch: Die Verursacher sitzen anderswo. VW-Konzernchef Matthias Müller hat gestern bei Audi durchgegriffen. Vier Vorstände werden abberufen, so wie es der kampfkräftige Porsche-Betriebsratschef Hück gefordert hatte. Audi war offenkundig eine Quelle, die den Dieselsumpf speiste. Von dort soll die Manipulationssoftware den Weg in den Konzern gefunden haben. Müller setzt endlich ein wichtiges Zeichen. Es wäre Gift für den VW-Konzern, würde sich der Eindruck verfestigen, dass sich das Unternehmen wegduckt.

In den jüngsten Veröffentlichungen zur Frage, wann Audi über die Manipulationen im Bilde war, steht nicht viel Neues. Unsere Wirtschaftsredaktion berichtete schon im Januar aus dem „Statement of Facts“ des US-Justizministeriums. Interessant ist aber die interne Audi-Kommunikation, die NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung nun ausgegraben haben. Da wird in steriler Sprache über den Betrug und seine Folgen referiert, als gäbe es kein Richtig und Falsch, kein Gut und Böse. Das Risiko beim Kunden sei zu vernachlässigen, weil er die Manipulation nicht feststellen könne: ein Gipfel der Obszönität. Wer Vertrauen so kaltschnäuzig missbraucht, hat nicht nur technische Probleme.

Bisher kommt VW erstaunlich gut durch die Krise. Die Zahlen dieser Woche sind aber trügerisch. Wenn der Konzern nicht reinen Tisch macht, kann das Entwarnungssignal schnell in Alarm kippen. Das sieht offenbar auch Müller so.