„Es gibt noch Grund-Reflexe der Demokratie, die nicht durch die autoritäre Regierungswalze der PiS überrollt wurden.“

Es spricht für den Mut des polnischen Präsidenten Andrzej Duda, der im entscheidenden Moment nicht mit den Wölfen geheult hat. Hinter der Kehrtwende des Staatsoberhaupts stecken mehrere Ursachen. Zum einen dürfte der gelernte Verwaltungsjurist massive Bedenken bekommen haben. Mit der Justizreform wären der Oberste Gerichtshof und der einflussreiche Landesgerichtsrat zu reinen Durchwink-Stationen der mit absoluter Mehrheit regierenden PiS-Partei geworden.

Der wichtigste Grund für Dudas Nein liegt aber wohl in den Protesten von vielen Tausend Polen. Die Opposition warnte vor einem kalten Putsch und der Einführung einer Diktatur. Selbst Lech Walesa, der als Chef der Gewerkschaft „Solidarnosc“ in den 1980er Jahren das kommunistische Regime das Fürchten gelehrt hatte, trommelte gegen die Regierung. Doch auch die EU spielte eine nicht zu unterschätzende Rolle als Druckkulisse. Gegen Polen wurde bereits im Januar 2016 ein „Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit der EU“ eingeleitet. Damals ging es um die umstrittene Reform des Verfassungsgerichts, das die PiS in ihrem Sinne auf Linie trimmen wollte.

An diesem Mittwoch entscheidet Brüssel über die sogenannte „nukleare Option“: Nach Artikel 7 des EU-Vertrags können bei einem Verstoß gegen rechtsstaatliche und demokratische Prinzipien einem Mitgliedsstaat die Stimmrechte entzogen werden. Hierzu ist allerdings Einstimmigkeit notwendig.

Dudas Veto und die Proteste der Bevölkerung sind ein Hoffnungsschimmer für Polen. Es gibt noch Grund-Reflexe der Demokratie, die nicht durch die autoritäre Regierungswalze der PiS überrollt wurden. Für Erleichterung ist es allerdings zu früh. Nun kommt es darauf an, dass der Präsident nicht nur kosmetische Korrekturen an der Justizreform vornimmt. Der Druck von Kaczynski und Co. dürfte in den kommenden Wochen enorm werden. Ihm muss Duda standhalten.