„In der Bibel und in den Kunstwerken liegt die Chance, wieder mehr Menschen für das Christentum zu begeistern.“

Die Christen werden weniger. Auch wenn die Austrittszahlen der katholischen wie evangelischen Kirchen erstmals wieder sinken, sie werden durch die wachsenden Kircheneintritte nicht ausgeglichen. Von Trendwende kann also nicht die Rede sein. Die besorgten Gesichter der Kirchenvertreter bleiben.

Zu Recht. Der Erosion im eigenen Lager korrespondiert ja eine wachsende, teils schon aggressive Ablehnung des Christlichen im Rest der Gesellschaft. Gleichzeitig nimmt die Kenntnis sowohl der Bibel wie der theologischen Zusammenhänge ab. Damit wird aber auch ein Großteil der abendländischen Kunst unverständlich, die Bibel braucht man auch für Michelangelo und Brecht. In der Bibel und in den Kunstwerken liegt die Chance, wieder mehr Menschen für das Christentum zu begeistern. Denn die Geschichten sind spannend, sie sind aus dem Leben gegriffen, sie sprechen Gefühle an: Unter dem heute modernen Panzer der Selbstgerechtigkeit liegen Mitgefühl, Schuld oder Scham, die im Gleichnis, in der Musik, im Bild Thema werden dürfen und dann gelebt und gelöst werden können. Bei Bachs großen Passionen sind die Kirchen voll.

Natürlich muss auch tapfer gebetet, wortstark gepredigt, niveauvoll mit Wissenschaftlern diskutiert, mutig Politikern auf die Finger geklopft und liebevoll Bedürftigen geholfen werden: Darum ist die Kirche als Ganzes so wichtig und verdient die Mitgliedschaft, auch wenn man seinen Glauben heute undoktrinär lebt. Aufgeklärtes Christentum ist auch gut für die Gesellschaft.