„Die Zeit der Geduld ist zu Ende. Deutschland und die Europäische Union müssen nun Taten folgen lassen.“

Es hilft nichts, dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gut zuzureden. Das Gegenteil ist richtig. Der türkische Präsident wird immer weiter seine Grenzen austesten. Man muss sich mittlerweile die Frage stellen, was als Nächstes kommt. Werden bald Mitarbeiter von deutschen Stiftungen in der Türkei festgenommen? Wird Ankara gar einen amoralischen Kuhhandel fordern: die Auslieferung eines türkischen Offiziers, dem in Deutschland Asyl gewährt wurde, gegen den inhaftierten „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel?

Nein, die Zeit der Geduld ist zu Ende. Deutschland und die Europäische Union müssen nun Taten folgen lassen. Die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei sollten eingestellt werden. Auch die Visa-Liberalisierung macht in Zeiten von Massenverhaftungen keinen Sinn. Der wirksamste Hebel ist vermutlich wirtschaftlicher Druck. Eine Ausweitung der Zollunion auf Dienstleistungen und Agrarprodukte passt nicht in die Landschaft. Beim Tourismus spürt die Türkei bereits die Abstimmung der Verbraucher. Immer mehr Urlauber meiden das Land, in dem Menschenrechte mit Füßen getreten werden.

Kremlchef Wladimir Putin hat es vorgemacht. Nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch Ankara im November 2015 hatte er einen Reisestopp in die Türkei und ein Importverbot für landwirtschaftliche Güter verhängt. Erdogan erging sich zuerst in Schimpftiraden, drehte später jedoch bei und entschuldigte sich.

Schließlich würde es auch nicht schaden, wenn die Nato Klartext reden würde. Das Bündnis wurde einmal als Wertegemeinschaft gegründet, die stolz auf ihre rechtsstaatlichen Standards ist. Bislang war der Generalsekretär der Allianz, Jens Stoltenberg, allzu wachsweich. Glaubwürdig ist das nicht. All dies ist keine Garantie, dass Erdogan zur Vernunft kommt. Aber Zuschauen und Gesundbeten können nicht die Alternativen sein.