„Schulz ist in seinen Ansagen klarer als Merkel. Aber die Hoffnung, er könne sie in die Konfrontation zwingen, trügt.“

Ob das der SPD zum Stimmungsumschwung vor der Bundestagswahl verhilft? Eher nicht: Kanzlerkandidat Martin Schulz hat bei der Vorstellung seines „Zukunftsplans“ dafür plädiert, dass Deutschland mehr Geld an die EU überweist. Die Bundesrepublik, größter Nettozahler und als führende Exportnation ebenso größter Profiteur der EU, müsse finanziell mehr für Europa tun. Parallel sollen Mitgliedstaaten, die Solidarität etwa bei der Flüchtlingsaufnahme verweigern, weniger Geld bekommen. Ein mutiger Vorstoß. Richtig ist er auch.

Schulz spricht aus, was Experten wissen: Auf Deutschland kommen wegen des Brexits höhere Lasten zu. Schulz ist in seinen
Ansagen klarer als die Kanzlerin. Aber die Hoffnung, er könne sie in die Konfrontation zwingen, trügt. Angela Merkel hat mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron längst Planungen für Reformen der EU begonnen, von einem europäischen Finanzminister bis zu einem eigenen Haushalt der Eurozone; nur spricht Merkel nicht über die Kosten. Schulz hat recht, dass er diese Fragen in den Wahlkampf rückt. Dass es ihm aus dem Umfragetief hilft, sollte er aber nicht erwarten.

Davon abgesehen, sind die europapolitischen Passagen noch der stärkste Teil seines „Zukunftsplans“. Das Konzept hinterlässt mehr Fragen als Antworten. Erst vor drei Wochen hat ein SPD-Parteitag ein Regierungsprogramm beschlossen. Die Pläne für sichere Renten und Steuerentlastungen haben die Umfragewerte nicht verbessern können. Schulz‘ Ratlosigkeit ist verständlich. Aber was bringt es, den nächsten Plan vorzulegen, der überwiegend nur das Wahlprogramm zusammenfasst? Dieser Programm-Aktionismus schadet mehr, als er nutzt: Er legt offen, was ein Herausforderer besser nicht zeigt: Nervosität vor der Wahl.