„Das Echo auf Trumps Umwelt-Rüpelei fiel allzu selbstgefällig aus. Europa drückt sich um die Frage herum, wie es die Brüche in seiner Umweltpolitik schließen will.“

„Vielleicht ist es dieses, was Vorbilder ausmacht: dass man nicht zerbricht an den bösen Strukturen der Welt, sondern das Böse überwindet mit Gutem, den Hass überwindet mit Liebe.“

Sally Perel im Braunschweiger Dom

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Die Erderwärmung sei eine Erfindung der Chinesen, um der amerikanischen Wirtschaft zu schaden, twitterte Donald Trump am 6. November 2012. Er hängt ja nicht an den Fakten, aber er schafft welche: Nun wollen die Vereinigten Staaten das Pariser Abkommen verlassen. Trump tut, als könne er den Ausstieg mit einem Federstrich besiegeln. Es ist ein weiterer Grund, warum die Welt an der Verlässlichkeit der USA zweifelt. Selten hat es eine Erosion des Vertrauens in so kurzer Zeit gegeben.

Sally Perel beim Gemeinsam-Preis.
Sally Perel beim Gemeinsam-Preis. © Peter Sierigk

Trump wird feststellen, dass auch ungeliebte Verträge binden. Und er wird sehen, dass einige der modernsten US-Bundesstaaten am Klimaschutz festhalten. Trumps Radikalismus schwächt nicht nur die Verbindung zwischen den USA und seinen Bündnispartnern, sondern auch den Zusammenhalt der amerikanischen Union.

Bundesumweltministerin Hendricks warnt vor wirtschaftlichen Schäden für Amerika, weil der Klimaschutz ein Innovationstreiber sei. In der Tat haben drakonische Umweltauflagen die Industrie zu teuren Investitionen und komplexen Verfahrensänderungen gezwungen. Der Aufstieg der erneuerbaren Energien wird von technologischer Innovation und neuen Arbeitsplätzen begleitet. Was aber in Europa ungern zugegeben wird: Der Klimaschutz ist auch ein Jobkiller. Er hat den Niedergang energieintensiver Branchen mindestens beschleunigt, er hat dramatische Kostensteigerungen ausgelöst. Und ob der Klimaschutz umweltschonendes Wirtschaften wirklich honoriert? Der Vorstandsvorsitzende der Salzgitter AG hat dazu eine klare Meinung. Heinz Jörg Fuhrmann sagt, die EU-Umweltpolitik überfordere die Industrie, bestrafe Unternehmen, die alle technischen Möglichkeiten bis an die Grenzen des physikalisch Machbaren ausgeschöpft haben. Denn chinesische Dreckschleudern produzieren unverdrossen riesige Stahlmengen, die zu Dumpingpreisen auch auf den europäischen Markt drängen. Die Weisheit einer solchen Industrie- und Umweltpolitik drängt sich tatsächlich nicht unbedingt auf.

Insofern fiel das Echo auf Trumps Umwelt-Rüpelei allzu selbstgefällig aus. EU-Kommissionspräsident Juncker drückt sich mit seinen abfälligen Reden über Trump, der „klare deutsche Hauptsätze“ nicht verstanden habe, um die Frage herum, wie Europa die Brüche in der Logik seiner Umweltpolitik schließen kann. Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Wenn man etwa Gutes an Trump sehen will, ist es dies: Da nimmt einer nicht hin, was ihm unverständlich ist. Da ist einer bereit, zu verändern, was er für schädlich hält.

Der Ego-Trip der USA ist dennoch der falsche Weg. Denn das Pariser Abkommen war gerade der Versuch, weltweit verbindliche Standards zu etablieren. So entstand die Chance, ein Öko-Dumping zu unterbinden, das zur Benachteiligung derer geführt hat, die sich ihrer Verantwortung für die Umwelt stellen und damit der Fürsorge für unsere Kinder und Kindeskinder.

Wenn es nach Recht und Gesetz geht, kann sich Washington ziemlich genau zum Termin der nächsten US-Präsidentschaftswahl aus dem Abkommen verabschieden. Das nähme dem Schritt einige Brisanz.

Bedenklich bleibt die Rücksichtslosigkeit der neuen US-Regierung. Frieden und Partnerschaft sind auf Dauer nur durch sensiblen Umgang zu erhalten. Dafür hat die deutsche Außenpolitik jahrzehntelang beeindruckende Beispiele geliefert. Männer wie Hans-Dietrich Genscher und Frank-Walter Steinmeier waren als Vermittler erfolgreich – mit leisen Tönen und Sinn für gemeinsame Interessen. Im Temperament Sigmar Gabriels ist zumindest das Erstere nicht angelegt. Es ist sehr die Frage, ob unser Land mit Konfliktbereitschaft besser fährt. Problematische Gesprächspartner wie Trump oder den israelischen Premier Netanjahu stärkt man eher, wenn man auf ihre Ruppigkeit einsteigt.

Im Braunschweiger Dom hat diese Woche ein Mann gesprochen, der wie kaum ein anderer für Versöhnung und Frieden steht. Sally Perel überlebte den Judenmord der Nazis, weil er sich als Hitlerjunge Salomon ausgab. Beim Festakt zur Verleihung des Gemeinsam-Preises warb er für die zentrale Botschaft seines 92-jährigen Lebens: Arbeitet für den Frieden!

Der Dom hat eine lange Reihe herausragender Reden und Predigten gesehen. Er ist durch seine Offenheit und seine Würde ein zentraler Ort des Diskurses in unserer Region. Die stehenden Ovationen für Sally Perel waren aber selbst für den Dom ungewöhnlich. Es ist ein Segen, dass dieser Mann noch von seinem Schicksal berichten kann, dass er seine Botschaft verbreitet – und dass ihm so viele zuhören.

Die vollständige Rede Sally Perels drucken wir auf Leser-Wunsch im Wochenendmagazin der heutigen Ausgabe ab. Als Video finden Sie die Rede bei uns im Internet unter http://bit.ly/2s1HAVF