„Auch die AKP verliert an politischer Glaubwürdigkeit. Sie wandelt sich von der Regierungs- zur Staatspartei.“

Mit der Rückkehr ins Amt des Vorsitzenden der türkischen Regierungspartei AKP erweitert Staatschef Recep Tayyip seine Macht. Für die Türkei und ihre Verbündeten ist die Wahl kein gutes Signal. Als überparteilicher Präsident könnte Erdogan daran arbeiten, die Spaltung der türkischen Gesellschaftzu überwinden. Er könnte Gräben überbrücken – nicht nur in seinem zerrissenen Land, sondern auch im zerrütteten Verhältnis zu Europa. Aber mit der Wahl zum Parteichef treibt Erdogan die Polarisierung auf die Spitze. Er ist damit nicht mehr der Präsident aller Türken. Auch die AKP verliert an politischer Glaubwürdigkeit. Sie wandelt sich von der Regierungs- zur Staatspartei. Die Opposition, oder was davon noch übrig ist, muss sich warm anziehen. Schon bisher vergeht in der Türkei kein Tag ohne neue Razzien gegen Regierungsgegner und Verhaftungen von Erdogan-Kritikern. Den Notstand, der nach dem Putschversuch vom Juli 2016 verhängt wurde und dem Staatschef nahezu unbegrenzte Befugnisse gibt, will Erdogan beibehalten, bis „Frieden und Wohlstand“ in der Türkei erreicht sind. Das kann lange dauern. Von Frieden ist die Türkei angesichts des wieder aufgeflammten Kurdenkonflikts, der Verstrickung in den Syrienkrieg und der Anschläge der IS-Terrormiliz weit entfernt. Zugleich untergraben die immer weiter wachsenden Arbeitslosenzahlen und die steigende Inflation das türkische Wirtschaftswunder, als dessen Vater sich Erdogan gern darstellt.