„Es geht nicht um die emotionale Genugtuung – es geht um den drittgrößten Markt für deutsche Ausfuhren.“

Die Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens werden für beide Seiten hart, keine Frage. Und eines sollte klar sein: Es darf keine Option geben, bei der die Briten über alle wirtschaftlichen Vorteile des Binnenmarkts der Europäischen Union verfügen, aber dafür keinerlei Verpflichtungen bei den Finanzen oder bei der Einwanderung übernehmen.

Dennoch sind Revanchegelüste fehl am Platz. Wer es jetzt den Briten mit unerbittlichen Verhandlungen und einem entsprechend teuren Ergebnis heimzahlen will, gönnt sich allenfalls billige emotionale Genugtuung.

Die Fakten sprechen nämlich eine andere Sprache: Großbritannien ist sowohl in der Wirtschaft als auch in der inneren und äußeren Sicherheit ein viel zu wichtiger Partner der Europäer. Allein die exportfreudigen deutschen Unternehmen wissen, wovon die Rede ist. Das Vereinigte Königreich ist für sie der drittgrößte Markt bei den Ausfuhren – das Volumen beträgt jährlich mehr als 90 Milliarden Euro. Jedes fünfte hierzulande gefertigte Auto geht nach Großbritannien. BMW verkauft dort mehr als 230 000 Fahrzeuge pro Jahr – über zehn Prozent des weltweiten Absatzes. Mehr als 2500 deutsche Firmen haben Niederlassungen auf der anderen Seite des Ärmelkanals. VW, Siemens, Bosch, Eon, die Deutsche Telekom und viele andere investieren im Vereinigten Königreich mehr als 120 Milliarden Euro.

Wer Zölle und andere Handelsschranken einführt, straft nicht nur britische Betriebe ab, sondern auch deutsche oder französische. Kaum eine Volkswirtschaft ist durch globale Lieferketten so vernetzt – und dadurch auch abhängig – wie die deutsche. Die internationalen Produktionsstandbeine sind einer der Erfolgsfaktoren für das hiesige Geschäft. Eventuelle Vergeltungsmaßnahmen schaden vor allem der eigenen Wirtschaft.