„Der Bundesminister hat leicht reden, wenn er Abschiebungen nach Afghanistan fordert, die ,verantwortungsvoll‘ erfolgen sollen.“

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat eine Mission: Es sollen weniger Flüchtlinge aus Afghanistan nach Deutschland kommen. Das hat de Maizière bei verschiedenen Gelegenheiten gesagt, und er tut auch einiges, um dieses Ziel zu erreichen. Er gibt sogar dem afghanischen Fernsehen Interviews, in denen er sagt, die Chancen, in Deutschland bleiben zu dürfen, seien für Afghanen sehr gering.

Dem Minister geht es um die Signalwirkung. Daher fordert er von den Ländern auch konsequente Abschiebungen, wann immer sie möglich seien. Dass sie nicht immer möglich sind, ist auch ihm klar, aber das sagt er eher verklausuliert in Nebensätzen. Im Grunde sagt er also nichts anderes als Niedersachsens Innenminister: Jeder Einzelfall muss geprüft werden, wenn jemand kein Bleiberecht hat und ihm keine Gefahr droht, muss er das Land verlassen. So will es das Gesetz.

Worum also dreht sich der Streit? Der Bundesminister hat leicht reden, wenn er konsequente Abschiebungen fordert, die „behutsam“ und „verantwortungsvoll“ erfolgen sollen. Angesichts der Sicherheitslage in vielen Regionen Afghanistans geht das nicht zusammen. Den Bundesländern, deren Behörden letztlich über eine Abschiebung entscheiden müssen, schiebt de Maizière so den Schwarzen Peter zu. Deren Innenminister sind genervt davon – und einige melden öffentlich ihre Zweifel an.

Dass bei diesen Einzelfallentscheidungen auch die deutsche Sicherheitslage eine Rolle spielt, ist einerseits nachvollziehbar und erklärt, dass 2016 zwei Straftäter als einzige aus Niedersachsen abgeschoben wurden. Unter rein moralischen Gesichtspunkten ist diese Praxis andererseits durchaus fragwürdig. Denn Gefahr ist Gefahr, sie droht Unschuldigen genauso wie Straftätern. Gestehen wir den einen das Recht auf Schutz zu, dürfen wir es bei den anderen nicht relativieren – so unbequem das auch sein mag.