„Es ist Nico Rosberg zuzutrauen, dass er schon an den nächsten Karriere-Runden feilt.“

Diese Vollbremsung hatte keiner erwartet: Kaum ist Nico Rosberg Formel-1-Weltmeister, tritt er zurück.

Der Stopp ist überraschend, aber nachvollziehbar: Rosberg hat es allen Kritikern gezeigt, er ist den Ruf des ewigen Zweiten los. Der Strahlemann ist in der Welt des Rennsports aufgewachsen, Vater Keke holte 1982 den Titel in der Formel 1. Dies erleichterte den Einstieg, doch auf den entscheidenden Runden seiner Karriere war anderes entscheidend: Talent, Ausdauer, harte Arbeit und – ja auch das – ein gutes Gefühl dafür, wann das Risiko zu hoch wird. Rosberg begnügte sich dann mit Platz 2 oder 3. Mit dieser Konstanz schaffte er es in diesem Jahr, seinen Teamkameraden Lewis Hamilton erstmals zu schlagen. Und es stimmt: Hamilton war und ist wohl der schnellste Fahrer in der Formel 1. Schmälert dies Rosbergs Erfolg? Nein, es zeigt, dass auch auf der Rennstrecke Köpfchen angesagt ist, dass ein Außenseiter sich mit Geschick durchsetzen kann. Und Rosberg hat gerade im letzten Rennen bewiesen, dass er ein Racer ist. Mit einem waghalsigen Manöver überholte er Max Verstappen – der Titel war sicher. Rosbergs Gefühlswelt änderte sich von „schrecklich“ zu „geil“. Nach dem Rennen sagte er: „Ich hoffe, dass ich das nicht so bald wieder durchmachen muss.“ Nun erfüllt er sich diesen Wunsch selbst. Es ist das Ende einer durchgeplanten Karriere. Rosberg fühlt, dass er alles gewonnen hat, was er gewinnen konnte. Er bremst den Dauerdruck aus, der Familienvater will nicht mehr jedes Risiko eingehen. Das klingt langweilig – ist aber bemerkenswert und verdient Respekt.

Denkt Nico Rosberg längst weiter? Es ist ihm zuzutrauen, dass er an den nächsten Karriere-Runden feilt. Vielleicht ist sein Rücktritt nur ein kurzer Boxenstopp auf dem Weg zum Teamchef. Rosberg hat bewiesen, dass er mindestens eine entscheidende Qualifikation dafür hat: Er trifft die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit.