„Beim Kerngeschäft Unterricht ist die Ministerin gewaltig ins Trudeln geraten.“

Wer wieder Buhrufe gegen die Ministerin erwartet hatte wie in früheren Jahren, wurde enttäuscht. Beim „Philologentag“ in Goslar gelang Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) einer ihrer besseren Auftritte. Sogar ihr Lob für die Gymnasien klang weniger pflichtschuldig als sonst. In der Sache jedoch sind die Gräben weiter tief. Und je näher die Landtagswahl im Januar 2018 rückt, desto deutlicher wird das werden.

Als eine offene Flanke hat die Landesregierung offenbar die Sicherheit im Land ausgemacht. Einbrecherbanden streifen durch Niedersachsen, in der Debatte um mehr Polizei oder nicht hat Rot-Grün endgültig klein beigegeben. Dazu kommen peinliche Fehler in der Islamismus-Bekämpfung, insbesondere im Fall Safia. Auch die Bildungspolitik, ein Herzstück der Koalition, taugt kaum mehr zum Wählerfang. Erst fixierten sich SPD und Grüne zu sehr auf einen Feldzug für Gesamtschulen. Dazu verstrickte sich die Regierung in Kämpfe um die Lehrerarbeitszeit. Beim Kerngeschäft Unterricht ist die Kultusministerin gewaltig ins Trudeln geraten. Die Unterrichtsversorgung ist schlecht, der Stundenausfall beträchtlich. Bei der Inklusion, noch so einem Herzensanliegen, fehlen zur ausreichenden Betreuung der Kinder in Regelklassen die Mittel und Möglichkeiten. Bleibt als Erfolg vor allem die Rückkehr zum G9-Abitur.

Das bildungspolitische Sendungsbewusstsein aber scheint nicht gelitten zu haben. Auf ihrem Weg, Schule so wenig wie möglich über Leistungsanforderungen und Erfolgskontrollen zu definieren, sondern als umfassend geschützten Sozialraum mit Lernelementen, schreiten SPD und Grüne munter voran. Ob diese Konzepte in der Realität funktionieren, scheint – siehe Inklusion – zunächst einmal zweitrangig zu sein. Vom Wähler belohnt werden will man in solchen Wolkenkuckucksheimen schließlich schon für gute Absichten. Doch das Risiko eines bösen Erwachens ist groß.