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Schauspieler sind Verwandlungskünstler. Und doch zeichnet es gerade die Großen unter ihnen aus, dass sie in einer Figur die Rolle ihres Lebens finden. Sie mag ihrer wirklichen Persönlichkeit nahe sein. Doch die Größe ihres Könnens zeigt sich darin, dass sie diesen Charakter so überzeugend ausfüllen, dass die Fiktion ein Eigenleben gewinnt, dass daraus eine Person der Zeitgeschichte zu werden scheint. Das Publikum ist dann kaum noch in der Lage, zwischen Rolle und Darsteller zu trennen.

Bei Horst Schimanski – Verzeihung: Götz George war das exemplarisch so. Die Figur des ruppigen, anarchistischen Duisburger „Tatort“-Kommissars löste einen Urknall im deutschen Fernsehen aus. Bis dahin hatte in den TV-Kommissariaten noch die Adenauer-Ära überlebt. Die Ermittler waren vielleicht gewitzte, aber entschieden biedere Typen wie der aalglatte Anzugträger Derrick oder der knorrige „Alte“.

Und dann mischte Anfang der 80er Jahre dieser schnodderige, notorisch Vorschriften übertretende Parka-Kommissar das staatstragende Format „Tatort“ auf. Georges Schimanski traf den Nerv der Zeit, die aufgewühlt war vom Gegeneinander rebellischer Bewegungen wie Punk, Anti-Atom- und Anti-Aufrüstungsprotesten auf der einen – und der Kohlschen Restauration auf der anderen Seite.

Zugleich bot die Figur Schimanski die Chance einer Aussöhnung an: Denn der Kripo-Anarchist war ja trotz allem Staatsdiener. Und er raufte sich am Ende stets mit seinem Gegenstück, dem überkorrekten, schlafmützigen Thanner zusammen, kongenial verkörpert von Eberhard Feik.

Götz George ist dem früh verstorbenen Kollegen nun nachgegangen. Er hat in vielen anderen Rollen, vom „Totmacher“ Fritz Haarmann bis zum KZ-Arzt Mengele gezeigt, dass seine Kunst sich nicht im Schimanski erschöpfte. Und doch hat eben diese Rolle ihn unsterblich gemacht – und er sie.