Nun ist es also wiedermal soweit: Plötzlich taucht
Nun ist es also wiedermal soweit: Plötzlich taucht
Äthiopien in dieser Zeitung auf und – fast naturgegeben – mit dem Schlagwort „Hunger“. Wenn nicht Krieg oder Flüchtling, Hunger und Afrika geht immer...
Und die Katastrophenhelfer aller Länder sind schon wieder auf dem Plan, denn ohne Katastrophen (nebenbei: wer bestimmt eigentlich, ab wann Ereignisse „Katastrophen“ zu sein haben?) haben die Hilfsorganisationen keine Möglichkeit, Spendenaufrufe zu starten oder überschüssiges US-Maismehl abzuwerfen oder Milchpulver, wo Wasser knapp ist.
Zu Recht schreibt der Autor Johannes Dieterich, die gegenwärtige Lage sei nicht vergleichbar mit den Ereignissen der 1980er oder – falls er’s vergessen hat: der noch schlimmeren 1970er Jahre. Dann aber versagen das Wissen und der Erkenntnismehrwert.
Heute geht es nämlich nicht um eine Hungerkatastrophe, sondern um eine verheerende Dürre, die durch globale Klimaentwicklungen Regen in die Erntezeit schickt und durch Trockenheit Aussaat verkümmern lässt. Heute gibt es nämlich eine Infrastruktur, die Nahrungsmittel zu jenen transportieren hilft, die keine Ernte einbringen konnten. Heute geht es in Afrika um chinesischen, indischen und saudischen Kolonialismus neuer Form, der landwirtschaftliche Flächen pachtet oder aufkauft, Bewässerungssysteme baut, um die Ernten außer Landes zu schleppen, damit die eigene Bevölkerung versorgt werden kann.
Die afrikanischen Bauern mit Ochsengespann am Pflug aber warten auf Regen und kommen nicht in den Genuss von Bewässerungssystemen der Ausländer. Im konkreten Fall hat die äthiopische Bundesregierung bereits Ende 2014 in einem Hilferuf an die UNO auf die sich anbahnende Dürre in den südöstlichen Landesteilen hingewiesen, wie man bei der äthiopischen Nachrichtenagentur Ena nachlesen konnte. Die hat übrigens zeitgleich zur Katastrophenmeldung dieser Zeitung vom Besuch des UNO-Generalsekretärs Ban Ki-Moon in den betroffenen Gebieten berichtet, der die bereits unter Aufbringung eigener finanzieller Mittel Äthiopiens begonnenen Maßnahmen und die zur Verfügung stehende Infrastruktur an Straßen und LKW, Getreidesilos und kleinen von Dämmen geschützten Wasserreservoirs lobt. Übrigens sind der gesamte ostafrikanische Bereich von Somalia bis hinunter nach Mosambik und besonders auch Malawi betroffen.
Gerade Äthiopien hat sich mit „Grüner Landwirtschaft“, mit dem Ziel, die Agrarproduktion zur Ernährung der eigenen Bevölkerung zu steigern, die Gruppe der ärmsten Länder zu verlassen – das Land wird eine der führenden afrikanischen Wirtschaftsmächte werden – und mit sauberer Energiegewinnung in Afrika einen Namen gemacht.
Die europäischen Klischeebegriffe wie ärmste Länder der Welt, Hungerkatastrophe, Kleinbauern, Hilfsgelder etc. haben schon in der Vergangenheit Afrikas Wirklichkeit nicht wirklich abgebildet. Es wird höchste Eisenbahn, zu sehen, was sich tut, was sich verändert und dass in allem menschlichen Tun Bauern in Mecklenburg-Vorpommern und in semiariden Gegenden Äthiopiens ein wetterabhängiges Tätigkeitsfeld haben – dass jedenfalls Afrika ganz anders ist, als unsere Berichterstattung uns oft weismacht. Das ruft geradezu nach mehr Hintergrund!
Ach ja, der Bauer in Mecklenburg-Vorpommern ruft natürlich im Zweifelsfall gerne nach staatlichen Ausgleichsmaßnahmen und nach Brüssel – das kennt der äthiopische Kollege nicht.
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