Der Europäische Gerichtshof hat sich vor einer Entscheidung gedrückt – so könnte man es kritisch formulieren. Schließlich gibt es nach wie vor keine Antwort auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Sterbehilfe zugelassen werden kann. Doch wirklich überraschend ist das Urteil der Straßburger Richter nicht. In ethisch heiklen Fragen haben die europäischen Länder erhebliche Entscheidungsspielräume. Nur in 4 von 42 Staaten ist es Ärzten erlaubt, Patienten ein Medikament zum Zweck der Selbsttötung zu verschreiben. Straßburg will bewusst nicht zu weit in die staatliche Souveränität eingreifen.

Viel stärker wiegt die Tatsache, dass sich die deutschen Gerichte nun nicht mehr vor einer Entscheidung drücken können. Ob das dazu führt, dass Betroffene leichter an tödliche Medikamente kommen werden, ist fraglich. Ein Urteil könnte jedoch die Rechte von Angehörigen stärken, ihre Ansprüche leichter durchzusetzen – auch das wäre schon ein Erfolg.

Wichtig ist aber vor allem, dass der Gesetzgeber endlich eine klare Regelung zur Sterbehilfe findet. Schließlich spricht sich die große Mehrheit der Bevölkerung für eine Liberalisierung aus. Klar, dass es Grenzen geben muss. Aber Betroffene und Ärzte brauchen endlich Sicherheit.