Zu „Eine Künstlerin kämpft gegen die Lobbyisten“ vom 25 September:.

Das leider ziemlich schwach besuchte Gastspiel der cleveren und unbequeme Wahrheiten ansprechenden Künstlerin Anny Hartmann im Galerie-Theater hatte den Charakter eines teils humorvollen und sehr ernste Themen berührenden Vortrags über unser kapitalistisches System mit all seinen Tricks und illegalen Einflussnahmen. Es wäre schade, wenn diese Art von Kabarett in Wolfsburg ausstirbt. Hoffentlich können wir Künstler vom Schlage Anny Hartmanns auch weiterhin in Wolfsburg begrüßen, allerdings im „Kultur-Hallenbad“. In der Stadt des Wissens (O-Ton unseres Alt-OB Prof. Schnellecke) und der Ostfalia Fachhochschule für angewandte Wissenschaften mit deren vielen Studenten ist das ein „weicher Standort-Faktor“. Deshalb hat vermutlich auch der Alt-OB vor einigen Wochen die Schließung des Galerie-Theaters kritisiert, oder ? Immerhin wurde von Anny Hartmann u.a. die „Initiative neue soziale Marktwirtschaft“, das „derzeitige Finanz- und Lobbysystem“, „die Abhängigkeit der Parteien von Groß-Spendern“, die „Unfairen und riesige Flüchtlings-Wanderungen verursachenden Freihandelsverträge zwischen der EU und Afrika“ usw. thematisiert. Ich gehe davon aus, dass die Wolfsburger GroKo unter Führung des SPD-OB weiterhin politisches Kabarett fördern wird.

Roland Böhm , Wolfsburg

Kostspielige Bergung der Fundamente

Zu „Konzept für Gedenkstätte soll öffentlich diskutiert werden“ vom 20. September:

Gibt es in Wolfsburg nichts Wichtigeres und Dringenderes zu fördern und zu helfen, als mühselig und kostspielig Fundamente zu bergen? Um es vorweg zu nehmen, ich (Jahrgang 39) bin weder ein Rechter noch ein Juden- oder Muslimhasser, und ich schäme mich für das, was wir Deutsche während des „1000-jährigen Reiches“ getan haben. Doch dieses für mich fast religiöse Getue um die Fundamentreste einer wie auch immer benutzten Baracke ist für mich unverständlich. Es sind weder Gebeine der Gefolterten noch Überreste der Verfolgten und/oder Geschändeten. Jeder Erdhaufen in der Nähe dieser Fundamentreste ist genauso mit dem Blut der Menschen, die dort leben und leiden mussten, getränkt. Es wird also nur so getan als ob... Das Geschehen der Vergangenheit, das, was sich dort abspielte, darf nicht vergessen werden. Ja, ich bin dafür, ein Mahnmal, eine Gedenkstätte o. a. zu errichten. Doch diese wird nicht schauriger oder berührt stärker, wenn es dort Fundamentreste gibt. Oder was für einen Grund gibt es, die Betonreste anders zu beurteilen als den Boden drum herum? Ich halte dies für vorgeschobene Pietät, wem hilft diese?

Zumal die Bergung Geld und andere Ressourcen verschlingt, die an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt und verständlicher beurteilt würden.

Wolfgang Lebs, Wolfsburg

Im Mittelpunkt steht nicht die Zwangsarbeit

Zu „Diskussion über Tafeln am Sara-Frenkel-Platz“ vom 20. September:

Das vorzügliche Mahnmal an die Zwangsarbeit an vorzüglichem Ort mit vorzüglicher Platzbenennung wird durch die Informationstafeln in seinem Wert wesentlich gemindert. Die Buche, aus sich heraus nicht verständlich, erhält ihre Bedeutung durch die Erklärung des Rates an ihrem Fuß, die kurze und prägnante Informationen zur Zwangsarbeit gibt und daraus die Konsequenzen zieht: nicht vergessen, mahnen, Einsatz für Demokratie und Rechtsstaat.

Wer weitergehende Informationen zur Zwangsarbeit wünscht, findet sie eher zufällig auf den Sitzflächen der Bänke. Besser wäre es, wenn die Informationstafeln für den Besucher sofort sichtbar wären, damit er die ausführlicheren Informationen zum Thema des Mahnmals sofort als integralen Bestandteil der Gedenkstätte erkennt.

Die Texte der Informationstafeln beschäftigen sich aber überwiegend mit der Entstehung des Mahnmals. Nur etwa zwei Fünftel beziehen sich auf die Zwangsarbeit. Dabei wird u.a. die Existenz von Konzentrationslagern und Kriegsgefangenenlagern verschwiegen und das Elend der Zwangsarbeit wird nicht deutlich. Immerhin findet man konkrete Aussagen über das Kinderheim des VW-Werkes und über die Zwangsarbeiterin Sara Frenkel. Im Mittelpunkt der Informationen steht nicht die Zwangsarbeit, sondern vor allem die Arbeit von Andreas von Weizsäcker, dem es in dem europäischen Projekt „Wunden der Erinnerung“ um „sichtbare Zeichen des 2. Weltkrieges“ ging. Diese werden aber auf den Informationstafeln in sehr lückenhafter und dürftiger Form zugunsten des oben genannten Themas wiedergegeben. Thema verfehlt! Der Rat versprach in seiner Erklärung, die Zustände der Zwangsarbeit nicht zu vergessen, zehn Meter weiter wird dieses Versprechen durch die Informationstafeln weitgehend gebrochen. Die Informationstafeln zum „Kunstwerk“ zu erklären, heißt, historische Wahrheit der „Kunst“ zu opfern. Dies ist nichts anderes als die Verdrängung von wesentlichen Teilen der NS-Geschichte am zentralen Vorzeigeort der Stadt für ihren Umgang mit der NS-Vergangenheit. Ein Besucher des Sara-Frenkel-Platzes, ob Tourist, Geschäftsreisender oder Einheimischer, erhält durch die Informationstafeln ein verharmlosendes, falsches Bild von der Zwangsarbeit in der Stadt des KdF-Wagens. Es wäre besser, es existierten keine Informationstafeln als diese. Nötig wäre eine Diskussion über die Form und die Inhalte von Informationstafeln an diesem Ort. Nebenbei bemerkt: Es gibt andere Beispiele für den Missbrauch der „Kunst“ für die Verdrängung von wesentlichen Teilen der NS-Vergangenheit in unserer von den NS-Machthabern gegründeten Stadt, auch 70 Jahre nach dem Untergang des SS-Staates.

Roland Beilner, Wolfsburg

Informationspulte

aufstellen

Zum selben Thema:

Die winzigen Informationstafeln auf den Bänken am Sara-Frenkel-Platz werden übersehen und gehen völlig unter. Man könnte zum Beispiel Informationspulte zwischen die Bänke stellen. Das würde die Aufmerksamkeit nicht von der Buche ablenken und dennoch die Möglichkeit bieten, auch ortsunkundigen Besuchern Informationen zu dem Platz und zur Geschichte Wolfsburg zu geben.

Alfred Hartung, Wolfsburg