Berlin.

Alle Leserbriefe beziehen sich auf den Ausgang der Bundestagswahl:

Alexander Gauland will nun also nach dem Einzug der AfD in den Bundestag mit den neuen Bundestagsabgeordneten als Meute zur Jagd auf die neue Bundesregierung ansetzen. Zum Begriff „Jagen“ gehört der Begriff „abknallen“. Herr Gauland, das Parlament einer Demokratie ist kein Jagdrevier, in welchem künftige Diktatoren die Demokraten „abknallen“!

Otfried Schrot, Ronnenberg

Wieder rechte Parolen aus dem Reichstag

Die Wahl ist gelaufen, und die Gesichter der großen Parteien wurden nach jeder Hochrechnung länger. Jetzt überschlagen sich alle Parteien mit Analysen, woran es denn gelegen hat, dass sie so schlecht abgeschnitten haben. Die AfD ist durch die Politik der Großen Koalition (GroKo) stark geworden: Die großen Parteien haben die einfachen Leute zu lange ignoriert, sie fühlen sich nicht wahrgenommen, nicht ernst genommen, die Probleme dieser Menschen wurden nicht gehört.

Dazu kommt die Politik der offenen Tür für Flüchtlinge, die wiederum ein gefundenes Fressen für die AfD war. Der Herr Gauleiter, sorry, Herr Gauland, hat ja schon am Wahlabend mit markigen Worten klar gemacht, wo es lang geht: Wir holen uns das Volk und Deutschland zurück, wir jagen Merkel...

72 Jahre nach dem Krieg hören wir rechte Parolen aus dem Reichstag.

Auch wenn die meisten Wähler der AfD nur Protestwähler waren, dieser Warnschuss sollte gehört werden, und die Politik sollte endlich wieder für die Menschen in unserem Land da sein. Das gilt besonders für die SPD, die vom Arbeiter so weit entfernt ist wie die Erde vom nächsten Sonnensystem. Allerdings befürchte ich auch bei der kommenden Konstellation von Schwarz, Gelb, Grün – mehr bleibt ja nicht – keine Verbesserung. Zwei Lobby-Parteien und die Weltretter... Armes Deutschland.

Michael Thomke, Haverlah

Wahlergebnis bildet die Meinung des Volkes ab

Und wieder einmal hat sich gezeigt, wie gut eine Demokratie die relevanten Meinungen eines Volkes im Parlament abbilden und damit die Machtausübung dynamisch organisieren kann. Endlich gibt es wieder liberale und konservative Stimmen im Bundestag. Gerade letztere sind dringend notwendig, um im Parlament einmal eine Diskussion über die Deutungshoheit über unsere Sprache zu führen. Denn ob Flüchtlings-,

Kultur-, Familien-, Bildungs-, Umwelt-, Geschichts- oder Rechtsfragen, das Korsett der Political Correctness und die Dominanz linker Soziologen in den Medien hat viele Menschen mit ihren Problemen nicht mehr erreicht.

Ihr Ventil war die AfD, und ich hoffe, diese Partei wird sich mehr dieser Aufgabe stellen, als sich unproduktiv mit unserer Geschichte zu beschäftigen.

Wolfgang Reding, Braunschweig

Politische Zäsur mit Chancen und Risiken

Die Wähler schwankten zwischen Zufrieden- und Unzufriedenheit mit Merkel und dem Wunsch nach Veränderung. Merkels Botschaft von Stabilität und Wohlstand in Deutschland fand nur bei der älteren Generation Widerhall, während die AfD von der angestauten Wut über die unkontrollierte massenhafte Einwanderung profitierte und das Brechen von Tabus zu ihrem Markenzeichen machte. Die SPD konnte nach vier Jahren als Juniorpartnerin in Merkels großer Koalition, die von breitem Konsens in Fragen der Außenpolitik bis zur Migration geprägt war, kaum glänzen. Schulz’ Forderung nach einem sozial gerechteren Deutschland in einer Zeit, in der die Wirtschaft brummt und die Beschäftigung auf einem Rekordhoch liegt, fehlte die Zugkraft. Mit dem „Weiter so!“ ist es für alle Parteien vorbei. Die AfD muss klären, ob sie in der Lage ist, Sachpolitik zu betreiben. Politisch hat Deutschland eine Zäsur erfahren, der Chancen und Risiken sollte wir uns bewusst sein.

Kurt Schlüter, Vordorf

Es muss Ursachen für dieses Ergebnis geben

Was ich nicht verstehen kann, ist, dass scheinbar alle Parteien über das Abschneiden der AfD so überrascht sind. War doch aber schon seit zwei Jahren eigentlich klar. Immerhin, nicht vergessen, sind sie vom Volk demokratisch gewählt worden. Es muss ja wohl Ursachen in der Politik geben, dass dieses Ergebnis von Bürgern so gewollt ist.

Rico Buhtz, Wedelheine

Die AfD gehört in ein historisches Museum

Die AfD im Deutschen Bundestag, im Land der Dichter und Denker. Diese Partei mit dem zum Teil Menschen gering schätzenden Gedankengut gehörte meines Erachtens als Mahnmal des ewig Gestrigen eher in ein historisches Museum als in ein Zukunft gestalten- des Parlament in Berlin.

Harry Howorka, Schöningen

Das Leben geht auch mit der AfD im Bundestag weiter

Hurra, wir !eben noch! Die AfD ist zwar in den Bundestag eingezogen, doch das Leben geht weiter! Die ganze Hysterie vor der Wahl , dass eine rechtsradika!e Partei wieder im Parlament sitzen könnte, wird jetzt dem täglichen Politikalltag weichen. Der Jubel der Partei jetzt wird wahrscheinlich der nüchternen Erkenntnis weichen müssen, dass man ziemlich isoliert die nächsten vier Jahre – ohne das sonst gängige Bejubeln rechter Parolen – Sachpolitik betreiben muss! Hier erst wird sich die AfD beweisen müssen, ob sie in einer parlamentarischen Demokratie zu recht vertreten ist, oder nur eine „ Trotzpartei“ ist, der nach und nach die Luft ausgeht!

Ach ja, noch zur Demokratie: 87 Prozent der Deutschen wollten nicht die AfD!

Jochen Eckolt, Braunschweig

Ein echtes „Autobahn-Wahlergebnis“

Da haben nun das „Autobahn-Wahlergebnis“: Es war nicht alles schlecht unter Adolf. Freie Fahrt für freie Bürger...

Peter Wicke, Wolfenbüttel

Wer nicht schutzwürdig ist, muss abgeschoben werden

Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel möchte die AfD-Wähler zurückgewinnen, der Frau kann geholfen werden:

Kein Rechtsstaat kann es sich lange leisten, dass rechtskräftige Urteile nicht umgesetzt werden. Also ist dafür Sorge zu tragen, dass Asylbewerber, denen die Schutzwürdigkeit rechtskräftig aberkannt worden ist, unverzüglich die EU verlassen.

Es ist nur zu hoffen, dass die AfD-Fraktion im Bundestag diese Dinge öffentlich machen wird.

Rudi Böhm, Süpplingenburg

Einzug der FDP ist schlimmer als der der AfD

Nun ist es vollbracht, im Namen des Wahlvolkes ziehen sechs Parteien in den Bundestag ein. Bei den beiden neuen Parteien kann einem himmelangst werden. Gar nicht so sehr bei der AfD, die ein Sammelbecken von Leuten ist, denen ich nicht die Hand geben würde.

Viel schlimmer ist der Einzug der FDP, der Partei wo Sonntagabend bei allen Dax-Unternehmen die Sektkorken knallten, da man endlich wieder Lobbyisten direkt im Bundestag sitzen hat.

So können sich vier weitere Jahre die Pflegekräfte mit dem Mindestlohn begnügen, denn mit der FDP wird es keine Lohnerhöhung im Pflegebereich geben, weil es gilt das alte Motto wieder, der Markt wird es schon richten!

Bernd Stüber, Braunschweig

Erneuerungsprozess der SPD muss angezweifelt werden

Sicherlich wäre die SPD ohne ihren bisher bundespolitisch unbelasteten Martin Schulz deutlich unterhalb der 20 Prozent--Marke weiter abgerutscht, dennoch war ihre Zelebrierung nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses in der Parteizentrale eine eigenartige, unrealistische Selbstdarstellung, in der Schulz umjubelt wurde, obwohl das bisher schlechteste Ergebnis seit 1949 für die Partei eingefahren wurde.

Hat die Sozialdemokratie in der Opposition eine reale Chance, ihre Glaubwürdigkeitsdefizite abzubauen, wenn sie diverse Entscheidungen und deren Auswirkungen kritisieren soll, an denen sie vorher in der für sie verhängnisvollen Koalition maßgeblich beteiligt war?

Trotz rhetorischer Floskeln wird die SPD im Bundestag weder die Kraft besitzen, ihre politischen Fehlentscheidungen glaubhaft aufzuarbeiten und sich von der CDU/CSU inhaltlich zu entkoppeln, noch ihre Käuflichkeit für eine weitere, spätere Fortsetzung der „Großen Koalition“ prinzipiell infrage zu stellen.

Klaus Kunz, Rühen

AfD muss in inhaltliche Diskussionen gezwungen werden

Kurz nach der Wahl schon stimmt Alexander Gauland aggressive Töne an und kündigt an, Merkel, ,,jagen“zu wollen. Frauke Petry ist das letzte gemäßigte Mitglied der Parteispitze, wird aber von ihren Kollegen allmählich demontiert.

Björn Höcke hat in seiner berüchtigten Rede vom Januar 2016 das Berliner Holocaust- Denkmal als „Denkmal der Schande“ geschmäht. Er hat die Kultur der Erinnerung als „mies und lächerlich“ beschimpft. Ausgeschlossen wurde er aus der Partei nicht. Denn die AfD hat längst den rechtsextremen Kurs eingeschlagen. Innerhalb der Partei ist völkisches Getöse auch nicht mehr die Ausnahme, die aggressive Artikulation ist verstärkt zu hören oder ¨– gerade in sozialen Netzwerken – zu lesen.

Obwohl die AfD jetzt in den Bundestag einzieht, kommt die Gefahr nicht aus dem Parlament. Ähnlich wie in den Landtagen, werden sie auch dort nicht viel vorzubringen haben, dafür aber umso mehr pöbeln. Und genau hier liegt der Schlüssel im richtigen Umgang mit den Rechtsextremen. Politiker anderer Parteien müssen endlich aufhören, auf die leeren Provokationen anzuspringen. Das nützt nämlich keinem außer der AfD, denn sie spielt mit Frust und Wut und egal, was Politiker ernsthafter Parteien den Phrasen entgegnen, dieser Frust und diese Wut vergrößern sich nur. Vielmehr muss die AfD in eine Diskussion über Inhalte gezwungen werden, sachliche Fragen müssen ihr gestellt werden, ohne die verbalen Provokationen auch nur zu beachten. Nicht vergessen, die Partei zieht ihre Kraft nur aus der Empörung.

Die wahre Gefahr kommt aus dem Inneren der Gesellschaft. Viel zu viele Wähler haben sich von der völkischen Rhetorik nicht abschrecken lassen, weil sie „der Merkel“ und der „Flüchtlingspolitik“ eins auf den Deckel geben wollten. Und weil sie wussten, dass die Stimme für die AfD eine Schockkraft hat. Heilsam wäre es, wenn AfD- Wähler geschockt werden von dem, was sie anrichten. Die Zuwendung zu einer rechtsextremen Partei aus Gründen des Protests ist gefährlich.

Marc Röthig, Königslutter

SPD will nur in die Opposition, um AfD als Oppositionsführer zu verhindern

Dieses Wahlergebnis spiegelt die letzte Wahlperiode wider, die GroKO war zu selbstherrlich, teilweise überheblich, und die Opposition von Grünen und Linken war nicht vorhanden. Herr Lindner sagte treffend, „in den letzten vier Jahren wurde die Mitte vernachlässigt, und deshalb konnte eine AfD so agieren wie sie es getan hat“. Der AfD daraus einen Vorwurf zu machen, sich so Wähler zu sichern, ist absolut falsch.

Auch dass man die Wähler der AfD teilweise als „Idioten“ oder „Rechte“ beschimpft ist eine Ausrede der großen Parteien und soll nur von ihrer eigenen Blindäugigkeit ablenken.

Und das jetzt die SPD auf einmal wieder die „Oppositionsbänke“ für ihre Erneuerung entdeckt, hat nur einen Grund: dass nämlich sonst die AfD als stärkste Oppositionspartei das Recht hätte, nach der Kanzlerin zu sprechen. Denn ich behaupte, wenn die FDP stärkste Oppositionspartei geworden wäre, würde die SPD auch weiterhin mit der CDU die Regierung stellen.

So oder so, es wird spannend und lebendig im Bundestag zugehen.

Björn Hammerer, Braunschweig

SPD muss sich nicht erneuern, sondern zu ihren Wurzeln zurückkehren

Die SPD hätte schon viel früher in die Opposition gehen sollen. Allerdings sollte man die SPD daran erinnern, dass sie sehr wohl schon die Gelegenheit hatte, zusammen mit den Grünen (heute die Grauen) und der Linken zu regieren. Mit der „scheddrigen Verwandtschaft“ wollte sie aber nichts zu tun haben. Es muss auch sehr unangenehm für die SPD sein, der Linken ins Gesicht zu schauen und beschämt festzustellen: So ähnlich habe ich früher auch ausgesehen.

Erneuern will sich die Partei nun in der Opposition. Sie braucht sich nicht zu erneuern, sondern ganz einfach nur zu ihren Wurzeln zurückzukehren. Mit keinem einzigen Wort – denn soviel von der Wahrheit war wohl doch nicht erwünscht – ist das Hauptproblem der SPD am Wahlabend erwähnt worden, mit keinem einzigen Wort ist dieses Problem, das ihr wie ein Mühlstein am Bein hängt und sie unweigerlich in den Abgrund reißen wird erwähnt worden: das (Un-)Wort Agenda 2010. Geradeso wie des alt-ägyptischen Pharaos Echnaton Name und dessen Bildnisse aus dem Stein herausgemeißelt werden mussten, weil er die alten Götter vertrieben hatte und nur dem Monotheismus unter dem Gott „Sol“ gehuldigt werden durfte, soll nun der Begriff „Agenda 2010“ aus den Geschichtsbüchern herausgemeißelt werden.

Wen meint denn der Parteienforscher Jesse, wenn er von „den Deutschen, denen es wirtschaftlich gesehen doch gut geht“, spricht? Früher sprach man von einer Zwei-Drittel-Gesellschaft. Heute sind es wohl eher 40 Prozent als 30 Prozent, denen es eben nicht gut geht. Und ausgerechnet die SPD trägt die Hauptverantwortung dafür. Weiter so? 1932, auf dem Zenit der Weltwirtschaftskrise (1929-1935) begann der Aufstieg der Nazis, weil es dem „kleinen Mann“ mehr als nur schlecht ging und die demokratischen Parteien sich in der Opposition zur jeweiligen Regierung zwar einig waren, aber unfähig waren, eine handlungsfähige Regierung zustande zu bringen. Wenn ich sehe, wie heutzutage mit den kleinen Leuten in diesem Land auch von der SPD umgegangen wird – Stichworte Agenda 2010, Niedriglöhne, Hartz IV, Altersarmut, Kinderarmut usw. – fürchte ich, dass die AfD ihren Zenit auch noch nicht erreicht hat.

Unter „Jamaika“ wird sich die Lage noch verschlimmern. Schuld daran ist nicht die AfD, sondern die etablierten Parteien, die mit Ignoranz und Überheblichkeit die AfD erst groß gemacht haben. Wenn der Karren dann voll an die Wand geknallt ist, will es keiner gewesen sein.

Aber damit kennen wir Deutschen uns bekanntlich gut aus.

Werner Knurr, Hornburg