Braunschweig.

Zu „Von Altersarmut zu reden, ist Schwachsinn“ vom 2. September:

Herr Maus erwähnt in der Einleitung zum obigen Interview, dass Herr Professor Raffelhüschen ein „Botschafter der ,Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft‘“ ist, vermeidet es aber, darauf hinzuweisen, was es mit dieser „Initiative“ auf sich hat, nämlich, dass es sich um eine von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie gegründete Lobbyorganisation handelt.

Ziel dieser Organisation ist, vornehmlich durch Öffentlichkeitsarbeit die ordnungspolitischen Vorstellungen der Arbeitgeberverbände in der Bevölkerung zu verankern. Darüber hinaus soll in der Bevölkerung (laut Wikipedia-Eintrag) „die Bereitschaft für wirtschaftsliberale Reformen erhöht werden, ein unternehmensfreundliches Klima erzeugt werden und Eigenverantwortung, Wettbewerb und unternehmerische Freiheit als positive Werte betont werden“.

Eine entsprechende Einordnung der INSM hätte den Lesern die Gelegenheit gegeben, die eine oder andere „schwachsinnige“ Äußerung dieses Professors aus Freiburg als das zu sehen, was sie ist: „Lautsprech“ eines Lobbyisten!

Ihre Karikaturen-Ausstellung hin oder her, diese aber, gerade in Zeiten des Wahlkampfes, zum Anlass zu nehmen, dieser „Initiative“, ohne deren Intention näher zu erläutern, eine große Bühne zu bieten, hat nichts mit einer ausgewogenen Berichterstattung zu tun.

Markus Schulze, Braunschweig

Antwort unseres Chefredakteurs, Armin Maus:

Unsere Zeitung ist mit der Karikaturenausstellung eine Kooperation mit dem Arbeitgeberverband Braunschweig eingegangen. Die Ausstellung, die bewusst nach dem Termin der Bundestagswahl stattfindet, rekapituliert die Geschichte der Sozialen Marktwirtschaft. Da die Soziale Marktwirtschaft auf dem breiten Konsens der politischen Kräfte in Deutschland ruht, stünde die Ausstellung deshalb aus unserer Sicht auch bei einem anderen Termin nicht im Widerspruch zu unserer Pflicht zu ausgewogener Wahlkampfberichterstattung. Prof. Raffelhüschens Standpunkte sind aus unserer Sicht übrigens nicht mit denen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft gleichzusetzen, deren Ziel vor allem die Stärkung des Gedankens der Sozialen Marktwirtschaft ist.

Schämen Sie sich,

Herr Raffelhüschen!

Auch zu dem Thema:

Wes Geistes Kind die INSM ist, sollte hinlänglich bekannt sein. Von daher kann ich mich fast nicht mehr über die von dieser „Burschenschaft“ verbreiteten Thesen aufregen. Bei den von Armut betroffenen Menschen aber von den „reichsten Armen, die wir jeweils in diesem Land hatten“ zu sprechen, ist an Zynismus kaum zu überbieten. Herr Raffelhüschen, Sie sollten sich was schämen. Anstatt krude Ansichten zu verbreiten, wäre es angebrachter, sich um Ihre Klientel zu kümmern. Denn gerade bei der scheint mir einiges im Argen (Betrugssoftware etc.).

Ingo Bittner, Braunschweig

Für die Wirtschaft läuft wohl alles prima

Ebenfalls dazu:

Professor Raffelhüschens Thesen sind seit Jahren so einseitig, wie er sich als landesbeamteter Professor und gleichzeitig als Beschäftigter der Wirtschaft für deren Interessen aktiv einsetzt. Die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ wurde von der Wirtschaft extra dafür gegründet und wird auch von dieser finanziert. Es soll uns, den betroffenen Bürgern, weisgemacht werden, dass der soziale Umbau seit Schröder eine „große Leistung“ war.

Ja, die Wirtschaft hat insgesamt billigere Löhne und überhaupt billigere Arbeitskräfte erreicht – mit Lohndumping, Leiharbeit, Werkverträgen, Tarifausstiegen,

Befristungen, Hartz-IV- Zwangsarbeit mit Lohnaufstockung durch den Staat. Alles ist wohl prima. Altersarmut gibt es nicht, und wer länger leben will, der muss halt selbst aus seinem Niedriglohn genügend ansparen, oder? Doppelverdiener Raffelhüschen hat jedenfalls kein Problem damit.

Volker Fritz, Wolfenbüttel

Als Beamter lässt sich Wettbewerb gut loben

Zu demselben Thema:

Den abenteuerlichen Aussagen von Herrn Raffelhüschen möchte ich ein Zitat seines Kollegen Erhard Kantzenbach entgegenstellen, der schon vor vielen Jahren folgendes erkannt hat: „Der Wettbewerb ,Mann gegen Mann‘ und die sich in ihm entfaltende persönliche Wettbewerbsfreiheit wird vor allem von jenen idealisiert, die als Hochschullehrer selbst Beamte auf Lebenszeit sind.“

Bernhard Schnelle, Braunschweig

Das ist keine soziale Marktwirtschaft mehr

Zu demselben Thema:

Wenn Herr Professor Raffelhüschen, der ja selbst bestens versorgt ist, meint, auf die Agenda 2010 des „Auto-Kanzlers “stolz sein zu müssen, darf man fragen, wem diese Maßnahmen hauptsächlich genützt haben. Außer den Konzernen? Heuern und feuern, Niedriglohn, Zeit- und Leiharbeit, Mini-Jobber können kaum Rentenbeiträge zahlen. Die Schere geht weiter auseinander, leugnen nützt nichts. Wir haben teilweise keine soziale Marktwirtschaft mehr, sondern eine „asoziale Sauwirtschaft“.

Erhard Kadelbach, Edemissen