Ankara.

Zu „Umstrittener Sieg für Erdogan“ vom 18. April:

Angenehm leben, aber radikal wählen, das ist vereinfacht ausgedrückt die Devise vieler türkischstämmiger Wähler bei uns in Deutschland. Zwei Drittel haben sich für das umstrittene Verfassungsreferendum von Erdogan ausgesprochen und damit eine enorme Verantwortung auf sich geladen. Sie selbst leben in unserer Demokratie wohlbehütet, rechtsstaatlich und sozial abgesichert und muten aber ihren Landsleuten in der Türkei eine gefährliche ungewisse Zukunft zu. Wie ist solch ein Verhalten zu erklären? Sie fühlen sich nicht richtig integriert, bei Problemen wird der deutschen Gesellschaft und den Politikern die Schuld zugeschoben, die dann auch noch ungehörig beschimpft werden.

Sie selbst bemühen sich wenig um ihre eigene Integration, sondern pflegen ihr Türkischsein. Dass Landsmannschaften zusammenhalten, hat es in der Geschichte schon immer gegeben, das ist gut und gilt auch für die Türken bei uns. Eine Anpassung in der neuen Lebensgemeinschaft ist aber Voraussetzung für gutes Miteinander. Das muss auch von der türkischen Gemeinde verlangt werden. Abgrenzung ist total daneben und passt nicht in unsere Demokratie.

Jens Elmar Jacobsen, Braunschweig

Vielen Türken geht die Religion über alles

Ebenfalls dazu:

Es ist schon mehr als erstaunlich, wie viele der in Deutschland wahlberechtigten Türken „ihrem Präsidenten“ die Stimme gaben. Sie fühlten sich geehrt in ihrem Türkentum, so hat Erdogan das oft gesagt, ebenso in ihrer Religion. Wir wissen, dass Erdogan mit der Ditib viele Moscheen hat bauen lassen, es hat geklappt. Die vielen wehenden Fahnen bei den Veranstaltungen zur Wahl zeugten von Begeisterung hier in Deutschland.

Jetzt kommen andere Gedanken auf, denn die meisten Hartz-4- Empfänger sind türkischer Herkunft. Sie erhalten Kindergeld, Wohngeld und alles, was das deutsche Sozialsystem zahlt.

Hier leben Menschen, die sich jahrelang in ihrer Parallelwelt aufhalten, die deutsche Sprache nicht gelernt haben, sich ausschließlich über das türkische Fernsehen informieren. Unsere Demokratie scheint ihnen ziemlich fremd und egal zu sein, denn am Ende steht die Religion über allem.

Da fragt sich mancher Mitbürger, warum diese Menschen nicht in ihr Land zurückgehen. Die Antwort dürfte aber einfach sein. So gut dürfte es in der Türkei wohl doch nicht werden, und es wird durch dieses Wahlergebnis wirtschaftlich nicht besser werden.

Die vielen Fehler einer jahrelang nicht gelungenen Integration macht sich an diesem Beispiel sehr deutlich. Ich kenne viele andere Türken: Es ist gut, dass sie mit uns leben.

Sigrid Probst, Braunschweig