Berlin.

Zum Leserbrief „Erinnerungskultur deutlich begründen“ vom 20. Februar:

Der Leser irrt sich. Gerade weil dieses menschliche Verbrechen zur Historie gehört, bedarf es einer Erinnerungskultur. Alles andere ist Identitätsverleugnung und damit schizophren. Es geht auch nicht um den Wunsch nach einer „makellosen“ Nationalgeschichte. Was soll diese Weiße-Weste-Mentalität? Es geht auch bei den Nachkommen der Tätergeneration nicht um das Reinwaschen von Schuld. Es geht schlicht um Verantwortung. Eine Verantwortung, die deutlich macht, wie schnell wir Bestandteil entmenschter Handlungen werden können. Wird diese Verantwortung nicht wahrgenommen, erwächst aus ihr die sogenannte zweite Schuld durch Verdrängung und Verleugnung, wie Ralph Giordano sie bezeichnet hat. An den Haaren herbeigezogen ist, dass diese Verantwortung Antisemitismus begünstigen soll. Antisemitismus ist latent vorhanden und wird durch Sozialisation innerhalb der Familien und sonstiger Sozialmilieus weitervererbt. Gerade für diese Familien wäre das Lernen von Erinnerungskultur notwendig.

Soraya Levin, Wolfenbüttel