Berlin.

Zu „Kameras verhindern Terror nicht“ vom 28. Dezember:

Klar, dass durch verstärkte Kameraüberwachung nicht jeder Terroranschlag verhindert werden kann, für mich ist aber ebenso klar, dass das im Einzelfall doch möglich sein kann. Und, dass Kameras helfen können, Täter unterhalb der Terrorschwelle zu überführen, zeigt der Tritt in den Rücken der jungen Frau und das Anzünden eines Obdachlosen.

Ich habe mich jedenfalls aufgrund der RAF-Folge-Gesetzgebung auch als kritischer Jurist nicht als „gläserner Mensch“ gefühlt. Nun mag ich nicht genug empfindlich gewesen sein wie ein hellwacher antiautoritärer Linksaußen, ich bin aber auch in meinem großen Bekanntenkreis, in Vereinen, in meiner Partei oder im Dienst nicht Menschen begegnet, die unter dem Syndrom „gläserner Mensch“ erkennbar gelitten haben. So werden nicht bewiesene Behauptungen in die Welt gesetzt.

Hans Ochmann, Braunschweig

Auch die Polizei verhindert nicht jede Tat

Ebenfalls dazu:

Ulrich Menzel, mag in gewisser Weise recht haben, dass Kameras den Terrorismus nicht stoppen. Die jungen Männer, die in Berlin einen Obdachlosen abfackeln wollten, sind u. a. aufgrund von Kamera-Aufzeichnungen identifiziert worden – und viele andere auch. Immerhin etwas! Die Polizei verhindert keine Verbrechen. Ist sie deshalb sinnlos?

Die Bedenkenträgerei und das Infrage-Stellen jeglicher Schritte für mehr Sicherheit ist kontraproduktiv und klingt irgendwie hilflos. Wir befinden uns dank unserer liberalen und weltoffenen Gesellschaft in einer Situation, in der wir gezwungen sind, das kleinere Übel zu wählen. Denn hier bewegen sich Personen, die nicht so liberal und weltoffen mit uns umgehen, wie sich mancher blauäugige Zeitgenosse das wünscht.

Eyke Isensee, Wolfenbüttel

Weltoffene Gesellschaft ohne Grenzen geht nicht

Zu den Leserbriefen zur „Weltoffenheit unserer Gesellschaft“:

Ein vielstimmiger politischer Chor sieht nach den Morden von Berlin unsere „weltoffene Gesellschaft“ in Gefahr. Vorneweg die Bundeskanzlerin und der Bundespräsident. Anderenfalls drohe alternativlos nur finstere Abschottung.

Wie kann es sein, dass Menschen mit Verstand sich von dieser Gespensterei anstecken lassen? Ein Versuch zur Genesung: Weltoffen ist derjenige, der in seinem Haus allerlei muntere Gäste verweilen oder gar leben lässt, der aber den Einlass kontrolliert und nicht die Haustür aus den Angeln hebt. Man weiß doch von öffentlichen Facebook-Einladungen, welch illustres Heer sich plötzlich einfinden kann.

Wer schon einmal die weltoffenen USA oder das weltoffene Kanada besucht hat, der weiß, dass Grenzwächter mit bohrenden Fragen, bohrenden Blicken und beißfertiger Miene den Einreisewilligen einem strapaziösen Nervenbelastungstest aussetzen.

Und aus der Vor-Schengen-Zeit weiß man, dass wir Deutsche aus unserer ach so dunklen Hütte der Abschottung es mit Pass und Visum zum „Reiseweltoffenmeister“ brachten. Offenheit ergibt sich doch erst durch Grenzen.

Also: Eine „weltoffene Gesellschaft“ ohne Grenzschutz verdient keinen Oscar, sondern nur eine Therapie.

Rainer Schulz, Braunschweig