Debatte des Tages. Die 36 Profi-Klubs der beiden Fußball-Bundesligen haben Pläne verabschiedet, um die Gewalt rund um die Stadien zu verringern. Auch die beiden Profiklubs unserer Region verhandelten mit.

In Frankfurt bei der Liga-Versammlung waren der Bundesligist VfL Wolfsburg und Zweitliga-Spitzenreiter Eintracht Braunschweig waren im Saal vertreten, Fans der beiden Vereine gehörten zu den mehr als 600 Demonstrierenden vor dem Tagungshotel. Hier die Bilanzen.

„In den vergangenen Monaten sind auch durch unsere Mitarbeit in die ursprüngliche Fassung des Sicherheitskonzeptes erhebliche Veränderungen im Umgang mit den Fans und deren aktiver Einbindung eingearbeitet worden“, sagte Soeren Oliver Voigt, Geschäftsführer der Eintracht. „In den wesentlichen Anträgen, die heute zur Abstimmung standen – wie beispielsweise die Verbesserung der allgemeinen Sicherheit in den Stadien und die Einbindung von Fanvertretern in zukünftige Prozesse rund um die Spiele der Bundesligen – sehen wir den Fußball auf dem richtigen Weg.“ (Das sind die Pläne, die heute in Frankfurt verabschiedet wurden.)

Einige beschlossene Straf-Maßnahmen würden erst dann greifen, wenn tatsächlich und bewusst gegen geltendes Gesetz und Stadionordnungen verstoßen werde. Eine Kollektivbestrafung soll möglichst vermieden werden.

„Ein weiteres wichtiges Signal ist die Zusage der Liga, die Fanprojekte zukünftig finanziell stärker zu unterstützen. Diese tragen maßgeblich dazu bei, Aufklärungsarbeit zu leisten und so die Fanszene positiv mitzugestalten“, so Voigt weiter.

Eintracht hätte sich gewünscht, dass in den zurückliegenden Diskussionen von Seiten der Politik weniger Populismus verbreitet worden wäre. (Hier geht's zum Kommentar "Der missverstandene Fan")

„Für den Braunschweiger Fan wird sich so gut wie nichts ändern“, ist sich Karsten König vom Braunschweiger Fan-Projekt sicher. „Ganz viel von dem, was in dem Konzept steht, wird doch schon gemacht bei uns.“ Gegenüber den ersten, teils natürlich auch populistischen Forderungen seitens der Politik, ist im endgültigen Papier noch einiges abgemildert worden. König sieht in den Beschlüssen auch die Verbesserungen. „Beispielsweise ist der feste Dialog zwischen Vereinen und Fans festgeschrieben worden. Nun müssen auf die vielen Ankündigungen aber auch Taten folgen.“

„Der Fan in Wolfsburg wird vom Sicherheitskonzept kaum betroffen sein“, sagt auch der Fanbeauftragte des VfL Wolfsburg, Holger Ballwanz. „Viele Dinge, die in dem Papier stehen, werden bei uns schon längst umgesetzt.“ Dass es demnächst Nacktscanner vor der VW-Arena geben wird, befürchtet Ballwanz nicht: „Die werden nicht kommen. Auch die Kontrollen werden nicht unbedingt schärfer. Denn die sind schon sehr gut.“

Der Ex-Profi sieht die Fans keinesfalls als Verlierer der Abstimmung. „Das ist nicht das Ende der Fankultur. Jeder kann weiter seinen Emotionen im Stadion freien Lauf lassen. Er muss sich nur an die Regeln halten. Das muss ich im Straßenverkehr aber auch.“ Entscheidend sei die Sicherheit in den Stadion. Dazu gehöre die konsequente Ablehnung von Gewalt und Pyrotechnik. „Fußball ist kein rechtsfreier Raum“, sagt Ballwanz. Bei einem Punkt hat der VfL-Fanbeauftragte allerdings Bedenken: „Sollte bei Risikospielen das Kartenkontingent für den Gastverein limitiert werden, würde der Schwarzmarkt-Verkauf blühen.“

Ob die Fans am Samstag im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt weitere Aktionen gegen das Sicherheitskonzept planen, will Ballwanz nicht spekulieren. Begrüßen würde er das nicht. „Mit dem stillen Protest haben die Fans zuletzt ein deutliches Zeichen gesetzt. Ich hoffe, dass die Sache damit abgeschlossen ist.“

Robin Koppelmann vom Fan-Rat Braunschweig: „Wir finden es schade, dass die Vereine den Fans keine Gelegenheit gegeben haben, an diesem Papier zum Beispiel im Rahmen eines Moratoriums ernsthaft mitzuwirken – eine Verschiebung der Abstimmung wäre die richtige Entscheidung gewesen.“ Gleichwohl hofft der Fan-Rat, dass der im Papier festgeschriebene Dialog von Fans und Verbänden nun auch ernsthaft umgesetzt wird. „Es darf nicht sein, dass die Politik noch einmal in einer derartigen Form auf den Fußball Einfluss nimmt, ohne über das nötige Expertenwissen zu verfügen“, so Koppelmann.

„Für uns ist wichtig, dass bei den Innenministern das Signal ankommt, den Druck vom Fußball zu nehmen“, sagte Michael Gabriel, Leiter der Koordinierungsstelle Fan-Projekte. Die Beschlüsse gäben jetzt weitere Zeit, dass der Fußball die Einbindung der Fans und den Dialog mit ihnen intensiviert. „Die Sprachlosigkeit, die bei vielen Vereinen noch herrscht, muss beendet werden.“