Wolfsburg. Die Kanzlei von Ex-Bundesminister Gerhart Baum (FDP) kündigt mehr als 5000 Kunden-Klagen gegen Volkswagen an.

Unser Leser Martin Kämmer aus Braunschweig fragt:

Wieso immer VW?

Die Antwort recherchierte Christina Lohner

Mehr als 5000 Klagen von Kunden, die vom Abgas-Betrug betroffen sind, wurden laut dem VW-Konzern bisher an deutschen Gerichten eingereicht. Die Zahl soll sich bis Ende des Jahres mindestens verdoppeln. Die Kanzlei von Ex-Bundesminister Gerhart Baum (FDP), „Baum Reiter & Collegen“, will bis dahin gemeinsam mit der Kanzlei „Gansel Rechtsanwälte“ insgesamt mehr als 5000 Kunden-Klagen gegen den Autobauer und Händler einreichen.

Denn Ende des Jahres würden Ansprüche gegenüber Händlern verjähren, erläutert Anwalt Julius Reiter. Die vielen Einzelklagen seien nötig, weil der Gesetzgeber es versäumt habe, die Musterfeststellungsklage auf den Weg zu bringen. Ende 2018 würden dann die Ansprüche gegenüber VW verjähren. Reiter zufolge verklagen die meisten der Mandanten sowohl den Händler als auch den Autobauer; die einen wollen ihr Auto zurückgeben, die anderen fordern Schadenersatz oder eine Kaufpreisminderung. Ein Teil der Klagen wird am Landgericht Braunschweig landen.

Die Kanzleien vertreten auch die mehr als 20 000 deutschen Kunden, die sich nach eigenen Angaben bei der niederländischen Stiftung „Stichting Volkswagen Car Claim“ registriert haben. Baum ist Beirat der Stiftung, die in den Niederlanden für September eine Sammelklage plant, die dort möglich ist. Doch VW verweigere einen außergerichtlichen Vergleich. „VW versucht, den Fall in die Verjährung zu ziehen“, sagt Reiter. Allein die beiden Kanzleien halten mit etwa 60 Mitarbeitern dagegen, die sich zurzeit nur um die VW-Klagen kümmern.

Mehr als 100 Klagen haben sie bereits eingereicht. Bei einem Teil seien Vergleiche geschlossen worden. VW möchte sich zu der Zahl dieser außergerichtlichen Einigungen ebenso wenig äußern wie zu den weiteren Klagen. Einem Konzernsprecher zufolge ist die Zahl deutlich niedriger als die etwa 600 Urteile, die bisher ergangen seien. VW hat nach eigenen Angaben mehr als 70 Prozent der Fälle für sich entschieden.

Der VW-Konzern ist zumindest hierzulande bisher der einzige Hersteller, der Ziel von Kunden-Klagen ist. Das findet vermutlich nicht nur unser Leser unfair. Doch bisher wurden nur VW-Töchtern Gesetzesverstöße nachgewiesen. Andere Autobauer sind aber bereits im Visier von Ermittlern.

Volkswagen hält die Klagen für unbegründet, da die Autos nutzbar seien. Fast 2 Millionen der etwa 2,5 Millionen in Deutschland betroffenen Fahrzeuge seien bereits per Software-Update nachgerüstet, fast 6 Millionen der weltweit rund 11 Millionen Autos.