Goslar. Viele Bürger bewohnen Häuser in flutgefährdeten Gebieten. Das Ausmaß des jüngsten Hochwassers hatten viele offenbar unterschätzt.

Unser Leser Manfred Fehly aus Salzgitter fragt:

Werden die Eigentümer derartiger Grundstücke von der Verwaltung im Vorhinein auf den möglichen Schaden aufmerksam gemacht?

Die Antwort recherchierte Silja Meyer-Zurwelle

Erst mussten sich die Anwohner mit der Flut der Flüsse herumschlagen. Einen Monat nach dem Hochwasser ist es die Papierflut, die alle anstrengt. Die Folgen einer Überschwemmung können sich in die Länge ziehen. Der Fall einer Frau aus Königslutter, mit dem sich am Donnerstag der Bundesgerichtshof beschäftigte (siehe Artikel unten), ist dafür ein extremes Beispiel.

Aber nun zur Frage des Lesers hinsichtlich einer Vorwarnung: „Im Rahmen von öffentlichen Verordnungsverfahren werden die Bürger darauf aufmerksam gemacht, dass ihr Haus in einem Hochwasserschutzgebiet liegt“, erklärt Thomas Moll von der Stadt Goslar. Natürlich sei es nicht leicht, jeden Bewohner zu informieren. Anwohner seien auch in der Pflicht, sich selbst zu erkundigen – mit Hilfe der Behörden. „Seit den Oder- und Elbehochwassern ist der Hochwasserschutz in der Bewusstseinsbildung der Kommunen angekommen. Bei den Bürgern kommt es leider meist erst nach der Flut an“, sagt Moll. Manchmal bekomme man Einzelanfragen. „Wenn jemand ein Haus kauft oder ein Grundstück versichern will, erkundigt er sich womöglich, ob dort ein Hochwasserschutzgebiet ist.“

Bei Oliver Bachem aus Wolfenbüttel standen während der Flut das Esszimmer, das Schlafzimmer und die angrenzende, dazugehörige Einliegerwohnung unter Wasser. „Wir haben das Haus erst vor vier Monaten gekauft“, sagt Bachem. Seine Versicherung habe ihn damals darüber informiert, dass das Haus in einem Hochwassergebiet steht. Daher war der Abschluss der Elementarschadenversicherung in diesem Fall nicht möglich. „Aber, dass es wirklich zum Hochwasser kommt, hat keiner gedacht“, sagt der Wolfenbütteler. Der Schaden, den die Flut in Bachems Haus angerichtet hat, beläuft sich auf rund 20 000 Euro.

„Die 1000 Euro Soforthilfe der Curt-Mast-Jägermeister Stiftung und des DRK-Kreisverbands Wolfenbüttel hatten wir innerhalb von drei Tagen auf dem Konto“, erzählt der Anwohner freudig. Anders sei es mit dem Geld vom Landkreis: „Das zieht sich jetzt schon 14 Tage, aber in der Verwaltung haben die natürlich gerade auch viel zutun“, sagt Bachem.

Auch das Haus von Thomas und Ursula Kark stand während der Flut unter Wasser. Seit 130 Jahren bewohnt Familie Kark das Fachwerkhaus in Goslar an der Abzucht. „Wir müssen noch auf einen Gutachter warten, aber ich schätze den Schaden auf 75 000 bis 100 000 Euro“, sagt Thomas Kark. Die Soforthilfe, die durch Spenden an den Landkreis und die Bürgerstiftung möglich wurde, hat Kark bereits erhalten. „Es sind 285 Euro“, sagt er.

Von den angekündigten 50 Millionen Euro Soforthilfe des Landes für die Flutopfer habe er noch nichts gesehen. Die dafür nötigen Anträge hat er gestellt. „Ich rechne damit, dass in der nächsten Woche die ersten Zahlungen und Bescheide an die klaren Fälle rausgehen“, sagt Hans-Joachim Bienert von der Anlaufstelle für die Hochwasseropfer in Goslar. Etwa 50 Anträge hätten die Stadt Goslar erreicht. „Eine Hilfe gibt es nur ab einem Mindestschaden von 5000 Euro. Viele stellen Anträge und liegen darunter. Aber die Papiere müssen wir natürlich trotzdem bearbeiten.“

Genau wie bei den Bachems ist auch das Grundstück der Karks nicht gegen Elementarschäden versicherbar. Auf die Frage, ob er gewusst habe, dass sein Haus im Hochwassergebiet steht, sagt Thomas Kark: „Nein, das wussten wir nicht, denn bis zum 26. Juli war hier kein Hochwassergebiet.“ Die bislang stärkste Überflutung habe es 2007 gegeben. Doch damals hätten sie die Feuerwehr noch in der Garage bewirtet. „Diesmal stand das Wasser an gleicher Stelle 1,70 Meter hoch.“