Braunschweig. Die Bundesregierung verschärft die Abgabe-Richtlinien für Guthaben-Sim-Karten. Die Änderung ist Teil eines Anti-Terror-Paketes.

Unser Leser Dirk Volkmann aus Königslutter fragt:

Bringt die Gesetzesänderung tatsächlich mehr Sicherheit?

Die Antwort recherchierte Sibylle Haberstumpf

Vor einem Jahr verabschiedete der Bundestag das sogenannte Anti-Terror-Paket – einen Gesetzentwurf der Großen Koalition ,,zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus“. Einige Änderungen, die dieses Paket enthält, haben diverse Verbraucher- und Datenschützer auf den Plan gerufen, die sich ähnlich wie unser Leser fragen: Steht hier der Schutz der Bevölkerung im Vordergrund? Geht es um Sicherheit oder um Überwachung?

Im konkreten Fall geht es um eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Darin sieht der Paragraf 111 zum 1. Juli 2017 vor, dass alle Käufer einer Sim-Karte mit Namen, Anschrift und Geburtsdatum registriert werden. Diese zwingende Identitätsüberprüfung ist neu – jedenfalls für Prepaid-Sim-Karten. Ab dem 1. Juli muss ein Kunde nun, damit er eindeutig identifiziert ist, beim Kauf einer Prepaid-Sim seine Identität durch den Personalausweis nachweisen. Bislang bestand für Prepaid-Karten keine Ausweispflicht.

Nun muss das Personal im Geschäft die Käuferdaten aufnehmen und den Kunden registrieren, bevor die Sim aktiviert werden darf. Online kann die Identifikation aber auch abgeschlossen werden, und zwar als Video-Chat über das Verfahren „Video Ident“, wie Alexander Leinhos vom Mobilfunkanbieter Vodafone erläutert. Hierzu benötigt man einen Computer oder ein Smartphone mit stabiler Internetverbindung, Mikrofon und guter Kamera. Noch eine kurze Erklärung zur Begrifflichkeit: Prepaid-Karten sind das Gegenstück zu Mobilvertrags-Karten. Prepaid heißt „vorausbezahlt“ – zusätzlich zur Sim-Karte kauft man dabei ein Guthaben, mit dem man die Karte im Anschluss auflädt, und das man dann abtelefoniert.

Nach einer Studie des Institutes für Demoskopie Allensbach nutzen derzeit 30 Prozent der Mobilfunknutzer in Deutschland eine Prepaid-Karte. 70 Prozent setzen lieber auf einen Vertrag.

Was führte nun aber zu der Gesetzesänderung? Es soll keine Nutzung von anonymen Handy-nummern mehr geben. Insbesondere Terroristen hätten in der Vergangenheit oft mit falschen Angaben registrierte Sim-Karten genutzt, betonte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Die Sicherheit steht für den Gesetzgeber an erster Stelle, teilte auch das Bundeskriminalamt gegenüber dem Branchen-Portal „Inside Handy“ mit: „Um die Identität der Nutzer zu verschleiern und ihre Aktivitäten im Verborgenen zu halten, wurden häufig nicht registrierte beziehungsweise mit Falschpersonalien registrierte Prepaid-Mobilfunknummern genutzt. Dadurch wurden weitere kriminalpolizeiliche Maßnahmen erheblich erschwert.“

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff (CDU) kritisierte die neue Ausweispflicht dagegen. Es käme zu einer massenhaften Speicherung von sensiblen Daten, ohne dass geklärt sei, ob diese überhaupt benötigt würden. Ein Sprecher eines Mobilfunk-Unternehmens gibt außerdem zu bedenken: „Terrorismus hört nicht an der Landesgrenze auf.“ So sei es weiterhin möglich, im Ausland Sim-Karten ohne Identifikationspflicht zu kaufen und diese dann hier zu nutzen. Ob die Gesetzesänderung also mehr Sicherheit bringe, bleibe zumindest so lange fraglich, wie es keine einheitliche europäische Gesetzeslage gebe.

Dazu formuliert das Bundeskriminalamt: „Einige europäische Länder haben ebenfalls gesetzliche Änderungen vorgenommen. Je mehr Staaten sich dieser Entwicklung anschließen und die Identitätsprüfung gesetzlich verankern, desto wirksamer wird die Maßnahme.“