Braunschweig. Wissenschaftler sagen: Wer ihm die Stirn bieten will, braucht verbündete Staaten.

Unsere Leserin Birgit Brinkmann aus Vechelde fragt:

Mittlerweile dürften die USA erkannt haben, dass Trump für seine Aufgabe ungeeignet ist. Warum ist es so schwer, eine solche Fehlentscheidung zu korrigieren?

Die Antwort recherchierte Jens Gräber

Seit er sein Amt angetreten hat, vergeht kaum ein Tag ohne eine Nachricht über US-Präsident Donald Trump – und es sind selten gute Nachrichten. Trump ist umstritten, wie es lange kein US-Präsident gewesen ist: Ein Sonderermittler untersucht fragwürdige Russland-Kontakte, ein Amtsenthebungs-Verfahren scheint möglich.

„Viele Amerikaner finden Trump schrecklich, aber viele auch irgendwie cool.“
„Viele Amerikaner finden Trump schrecklich, aber viele auch irgendwie cool.“ © Helene Kortländer, Referentin für die USA bei der Friedrich-Ebert-Stiftung

Vor diesem Hintergrund hatte die Friedrich-Ebert-Stiftung zur Diskussion unter dem Titel „Donald Trump gegen den Rest der Welt?!“ ins Braunschweiger Steigenberger Hotel geladen. Die Frage unserer Leserin wurde auch auf dem Podium diskutiert. Denn den Fehler korrigieren, das würde eben ein Amtsenthebungs-Verfahren bedeuten. „Das ist nicht unwahrscheinlich – es ist aber ein politisches Verfahren, das heißt, der Senat muss zustimmen“, erklärte Helene Kortländer, Referentin für die USA bei der Friedrich-Ebert-Stiftung. Und im Senat hätten die Republikaner die Mehrheit, auch wenn nicht alle hinter Trump stünden.

Sascha Lohmann von der Stiftung Wissenschaft und Politik ergänzte, die Republikaner hätten die Wahl ja wegen Trump gewonnen – sich jetzt gegen ihn zu stellen, sei für sie sehr schwierig. Außerdem, so Kortländer, selbst wenn eine Amtsenthebung Erfolg hätte, gebe es keine Neuwahlen. „Das heißt, Mike Pence würde regieren. Würde auch er abgesetzt, wäre Paul Ryan Präsident.“ Beide seien zwar weniger unberechenbar als Trump, inhaltlich gebe es in ihrer Politik aber wohl keine großen Unterschiede.

Scott Stock Gissendanner, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Göttingen und selbst im US-Staat Georgia geboren, betonte: Trump gehe es um die Möglichkeit, die Wahrheit zu deuten. Dafür benutze er soziale Medien wie Twitter. Und solange er darüber seine Anhänger erreiche, genüge ihm das.

Zwar würde Trumps Regierung auch von vielen Amerikanern kritisch gesehen, etwa die Tatsache, dass er so viele Familienangehörige zu Beratern gemacht habe. „Da ziehen die Leute die Augenbrauen hoch, aber illegal ist es nicht“, so Gissendanner. Kortländer ergänzte, Trump sei für sie ein amerikanischer Dieter Bohlen: „Viele finden ihn schrecklich, aber viele auch irgendwie cool.“

Trumps Erfolg, so Gissendanner, sei eigentlich den Demokraten zu verdanken. Sie hätten zwar versucht, alle Gruppen der amerikanischen Gesellschaft zusammen zu bringen, aber versäumt, ihnen eine gemeinsame Identität als Amerikaner anzubieten. Viele Amerikaner sehnten sich aber genau danach, Trump habe dieses Bedürfnis befriedigt.

Auf die Frage aus dem Publikum, was denn Deutschland tun könne, um negative Effekte von Trumps Politik – etwa den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen – zu begrenzen, war die einhellige Ansicht auf dem Podium: Alleine wenig, mit Verbündeten in- und außerhalb Europas durchaus einiges.

So betonte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Carola Reimann, die die Diskussion moderierte: „Als Reaktion rückt die Welt ja schon an einigen Stellen zusammen, etwa beim Klimaschutz.“ Sie sei sehr überrascht gewesen, dass eine breite Koalition von Staaten erklärte habe, am Klimaschutz festhalten zu wollen.

Lohmann verwies darauf, dass die USA ohne Unterstützung Europas außenpolitisch wenig erreichen könnten, etwa im Umgang mit Russland. So hätten Sanktionen nur dann Sinn, wenn sie von Europa mitgetragen würden. „Dafür kann man ja auch Bedingungen stellen. Oder man könnte überhaupt die Eurozone als strategisches Instrument in der Politik begreifen“, so Lohmann. Das Problem: Deutschland habe sich gegenüber den USA nie besonders positionieren müssen, die Interessen seien lange deckungsgleich gewesen. „Mit der neuen Lage ist der deutsche Regierungsapparat noch überfordert.“

Kleiner Trost für alle Trump-Gegner in Deutschland: Transatlantische Beziehungen gibt es nicht nur in der großen Politik. „Seit er gewählt wurde, haben wir als Stiftung viel bessere Kontakte zu den moderaten Republikanern“, sagte Kortländer von der Friedrich-Ebert-Stiftung.