Essen/Berlin. Er war als Anwalt angefragt und er wurde zum Freund und Vertrauten: Stephan Holthoff-Pförtner blickt auf seine Jahre mit Helmut Kohl.

Da erlaubt sich jemand einen Scherz, dachte ich als ich die Stimme Helmut Kohls das erste Mal am Telefon hörte. Es war November 1999, der Höhepunkt der CDU-Spendenaffäre. Es war aber bitterernst: „Ich glaube, ich brauche anwaltliche Hilfe“, sagte der Mann, der 16 Jahre Bundeskanzler war, der Kanzler der deutschen Einheit und große Europäer.

Wir trafen uns zum ersten Mal an einem Sonntag bei mir in der Kanzlei in Essen. Sechs Stunden sprachen wir miteinander. Ich kannte ihn bislang nur von öffentlichen Terminen und Erzählungen – und nun saß er mir am Tisch gegenüber. Ich war überrascht, denn er war anders als erwartet.

Da sprach nicht der anti-intellektuelle, tumbe, rücksichtslose Machtpolitiker, als den ihn seine Gegner und Kritiker in der Öffentlichkeit so gern darstellten. Hier saß ein umgänglicher Mensch, sensibel, ja verletzlich, interessiert und feingeistig, humorvoll und selbstironisch. Er war sichtlich angegriffen, der Druck auf ihn war extrem. Er und seine Partei waren in einer schwierigen Lage.

Vor diesem Hintergrund fragte ich, ob ich eine Woche Bedenkzeit hätte, und ob er wirklich von mir beraten werden wollte. Beides bejahte er. Nach zwei Tagen sagte ich zu. Heute weiß ich, dass es eine Lebensentscheidung war. Denn so wurde einer der bedeutendsten Männer unserer Zeit mein Freund.

„Natürlich habe ich zu ihm aufgeschaut“

Wir bereiteten uns systematisch auf den Untersuchungsausschuss vor. Frappierend sein Gedächtnis: Er wusste genau, wann er wen wo getroffen hatte. Zu Beginn unserer Arbeit hatte ich die Sorge, dass er mir sagt, wo es langgeht. Das tat er nie, wir arbeiteten gleichberechtigt, miteinander und füreinander. Ich vertrat ihn schließlich in drei Verfahren: dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft in Bonn, beim Untersuchungsausschuss und im Zusammenhang mit dem Stasi-Unterlagengesetz bis hin zum Bundesverwaltungsgericht. Wir telefonierten täglich und trafen uns drei, vier Mal in der Woche. In dieser Zeit entstand Vertrauen zueinander.

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    Er war 18 Jahre älter als ich und natürlich habe ich zu ihm aufgeschaut. Unsere Gespräche drehten sich sehr bald nicht mehr ausschließlich um die Spenden-Geschichte, sondern um politische und persönliche Fragen. Er hat gern und dabei immer sehr lebendig erzählt. Und ich war begierig, seine Einschätzung zur aktuellen Lage, aber auch zu Persönlichkeiten wie Mitterrand, George Bush, Gorbatschow oder Willy Brandt zu erfahren.

    Fragen wurden zum gemeinsamen Ritual

    Das Schema dieser Gespräche war fast immer dasselbe: Ich legte vor und gab ihm ein paar Stichworte, die ihn provozierten. Er regte sich dann über mich auf – und begann sich an meiner „Naivität“ und „Unwissenheit“ abzuarbeiten. Dabei kamen die schönsten und lehrreichsten Geschichten zutage. Einmal war ich über seine Beschimpfungen so beleidigt, dass ich aufhörte zu fragen. Da sagte er zu mir: „Du Schuft, das kannst du nicht machen, du kannst nicht einfach aufhören.“ Das war unser Spiel.

    Helmut Kohl in Zitaten

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      Freundschaft war für Helmut Kohl die Grundlage für alles. Sie war für ihn eine Haltungs- und Charakterfrage. Er selbst hatte ein großes Talent zur Freundschaft, schenkte Vertrauen und Verlässlichkeit wie kein Zweiter und erwartete von seinen Freunden dasselbe. So war es für ihn unmöglich zu akzeptieren, dass andere sein Verständnis von Freundschaft nicht teilten. Er hat es sein ganzes Leben so gehalten, eine Freundschaft musste für ihn belastbar sein, sonst ist sie keine. Und manche frühere Parteifreundschaft war eben am Ende keine. Auf ihn aber war Verlass.

      Kohl handelte aus einem christlichen Menschenbild heraus

      Großer Jubel: Auf einer Wahlkampfveranstaltung im Februar 1990 wird Helmut Kohl ein unvergesslicher Empfang von den Erfurtern bereitet
      Großer Jubel: Auf einer Wahlkampfveranstaltung im Februar 1990 wird Helmut Kohl ein unvergesslicher Empfang von den Erfurtern bereitet © REUTERS | REUTERS / Michael Urban

      Am Ende der Verfahren um die Parteispenden waren wir Freunde. Wir sahen uns regelmäßig, machten Spaziergänge, wanderten und verreisten miteinander. Einmal war ich kurz vor Weihnachten gemeinsam mit ihm im Elsass. Das war 2002, im Jahr nach dem Tod seiner Frau Hannelore. Wir besuchten eine Kapelle und jemand spielte Orgel.

      Es war dunkel, der Altar wurde im Schein einer Kerze mit Tannenzweigen für die Weihnachtsmesse geschmückt. Helmut Kohl war sichtlich ergriffen. Als das Orgelspiel endete, rief er zum Organisten hoch: „Kannst du auch ‚Großer Gott, wir loben Dich‘?“ Nur das, auf Deutsch im Elsass, im Du. Das fand ich unglaublich. Es dauerte nicht mal eine Minute, dann erklang das Lied.

      Als es zu Ende war, rief er wieder: „Kannst du ein Marienlied?“ Wir hörten dann die Melodie zu „Und trag ich all mein Leid zu dir, oh Mutter unserer Herzen“. Helmut Kohl war tief bewegt, in sich gekehrt, demütig. Natürlich musste er an seine Frau denken. Aber diese Szene hat in ihm auch die fromme Saite zum Klingen gebracht. Kohl handelte aus einem christlichen Menschenbild heraus. Nach dem Marienlied beugte sich der Organist herunter und sagte: „Ich habe eben gedacht, der Bundeskanzler ist hier.“ Da drehte sich Helmut Kohl um und rief: „Aber ich bin es doch!“

      Kohl konnte zuhören

      Wenn ich an diese Situation denke, dann muss ich bei aller Traurigkeit lachen. Wir sind mit den Leuten aus der Kapelle essen gegangen und Kohl hat sich deren ganzes Leben erzählen lassen. Auch das konnte er: zuhören. Und sehr nahe bei den Menschen sein. Denn er interessierte sich für sie, nicht aus politischem Kalkül heraus, sondern aus echter Zuneigung. Ein guter Politiker, das habe ich von Kohl gelernt, hat diese wahre Liebe zu den Menschen.

      Dabei waren ihm Konventionen nebensächlich. Einmal wollte er um 11 Uhr bei mir zu Hause sein. Um 10 Uhr klingelte es. Ich stand unter der Dusche. Nur mit einem Handtuch bekleidet, öffnete ich die Tür. Ich weiß nicht, was er dachte, er kam einfach nur rein. Nichts schien ihn aus der Ruhe zu bringen. Es scherte ihn wenig, was andere dachten. Im Restaurant nahm er sich die Kartoffeln von meinem Teller und gab mir sein Hühnchen. Das hat er sogar bei einer Einladung des deutschen Botschafters in Israel getan. Er liebte das Leben und konnte es in vollen Zügen genießen – dazu gehörte auch gutes Essen. Wenn er Diät hielt, dann bestellte er sich zwar Salat, aber fünf gekochte Eier dazu.

      Helmut Kohl: Seine politischen Meilensteine

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        Als Helmut Kohl mir das Du anbot, war ich bei ihm zu Hause in Ludwigshafen. Er erwartete mich mit zwei Weingläsern in der Hand. Der Weißwein zog Schlieren und er sagte: „Helmut!“ Ich antwortete nur: „Ich kann Sie nicht duzen ...“ Er duldete keinen Widerspruch und blaffte mich an: „Du sollst Helmut sagen!“ Ich konnte das aber nicht, es erschien mir falsch und anmaßend. Da schaute er mich ungläubig staunend an und fragte: „Bist du jetzt ganz verrückt geworden?“

        Gemeinsam während des Tsunamis in Sri Lanka

        Seit dem Tsunami an Weihnachten 2004 verband uns eine existenzielle gemeinsame Erfahrung. Wir wohnten in Sri Lanka in einem Hotel am Strand. Auch seine spätere Frau Maike Richter war dabei. Am Vormittag des 26. Dezember war er eigentlich im Parterre zur Ayurveda-Behandlung angemeldet. Wir haben uns aber verquatscht, er blieb in der dritten Etage. Unsere Zimmer hatten eine verbindende Terrasse und ich hörte plötzlich, wie er rief: „Komm mal raus, sieh dir das Meer an!“ Draußen rauschte die Welle heran, Minuten später hatte die Wucht des Wassers das Hotel unterhalb unseres Stockwerks skelettiert.

        Er war fassungslos – auch, weil die Bilder ihn an einen schweren Bombenangriff im Krieg erinnerten. Wir blieben noch zehn Tage. Es waren traurige, fruchtbare, tief bewegende Tage. Aber wir telefonierten Hilfen für den Wiederaufbau zusammen, konnten etwas für die Menschen auf der Insel bewirken. Auch das war Helmut Kohl: tatkräftig und zupackend, wenn es akute Not zu bekämpfen galt.

        Adenauer bis Scholz: Die Kanzler der BRD

        Konrad Adenauer (*5. Januar 1876, † 19. April 1976) war der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Er bekleidete das Amt von 1949 bis 1963, galt als Vater des Wiederaufbaus nach dem Krieg. Der Bundeskanzler ist in Deutschland die politisch mächtigste Figur. Wir zeigen alle Amtsinhaber seit der Gründung der Bundesrepublik.
        Konrad Adenauer (*5. Januar 1876, † 19. April 1976) war der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Er bekleidete das Amt von 1949 bis 1963, galt als Vater des Wiederaufbaus nach dem Krieg. Der Bundeskanzler ist in Deutschland die politisch mächtigste Figur. Wir zeigen alle Amtsinhaber seit der Gründung der Bundesrepublik. © IMAGO | imago/Sven Simon
        Von 1951 bis 1955 war Adenauer zudem Außenminister und ließ in dieser Funktion vor allem die Beziehungen zu Frankreich und den USA wieder aufleben. Adenauer war Mitbegründer der CDU und ab 1950 für 16 Jahre Parteichef.
        Von 1951 bis 1955 war Adenauer zudem Außenminister und ließ in dieser Funktion vor allem die Beziehungen zu Frankreich und den USA wieder aufleben. Adenauer war Mitbegründer der CDU und ab 1950 für 16 Jahre Parteichef. © picture alliance/ASSOCIATED PRESS | AP Content
        Ludwig Erhard (*4. Februar 1897, † 5. Mai 1977) war von 1963 bis 1966 Bundeskanzler. Zuvor hatte er 14 Jahre an der Spitze des Wirtschaftsministeriums gestanden und das Wirtschaftswunder maßgeblich mit angeschoben.
        Ludwig Erhard (*4. Februar 1897, † 5. Mai 1977) war von 1963 bis 1966 Bundeskanzler. Zuvor hatte er 14 Jahre an der Spitze des Wirtschaftsministeriums gestanden und das Wirtschaftswunder maßgeblich mit angeschoben. © IMAGO | imago/Sven Simon
        Als Kanzler blieb er in vielen Fragen glücklos und trat schon nach etwas mehr als drei Jahren zurück. Auch den CDU-Vorsitz hatte er nur kurz inne: von März 1966 bis Mai 1967.
        Als Kanzler blieb er in vielen Fragen glücklos und trat schon nach etwas mehr als drei Jahren zurück. Auch den CDU-Vorsitz hatte er nur kurz inne: von März 1966 bis Mai 1967. © picture alliance/AP | AP Content
        Kurt Georg Kiesinger (*6. April 1904, † 9. März 1988) wurde 1966 nach acht Jahren als baden-württembergischer Ministerpräsident ins Kanzleramt gewählt. Er war der erste Kanzler, der mit einer Großen Koalition regierte. Seine Amtszeit war die kürzeste aller bisherigen Kanzler.
        Kurt Georg Kiesinger (*6. April 1904, † 9. März 1988) wurde 1966 nach acht Jahren als baden-württembergischer Ministerpräsident ins Kanzleramt gewählt. Er war der erste Kanzler, der mit einer Großen Koalition regierte. Seine Amtszeit war die kürzeste aller bisherigen Kanzler. © picture alliance / AP Photo | dpa Picture-Alliance / AP
        Bei der Bundestagswahl 1969 blieb seine CDU zwar stärkste Kraft, musste die Regierung aber an eine sozialliberale Koalition abtreten. Kiesinger ging die FDP nach deren Absage an die CDU hart an und wurde dafür harsch kritisiert. Auch seine Vergangenheit als NSDAP-Mitglied wurde immer wieder kritisch beäugt.
        Bei der Bundestagswahl 1969 blieb seine CDU zwar stärkste Kraft, musste die Regierung aber an eine sozialliberale Koalition abtreten. Kiesinger ging die FDP nach deren Absage an die CDU hart an und wurde dafür harsch kritisiert. Auch seine Vergangenheit als NSDAP-Mitglied wurde immer wieder kritisch beäugt. © IMAGO | imago/Sven Simon
        Willy Brandt (*18. Dezember 1913, † 8. Oktober 1992) war der erste Bundeskanzler aus den Reihen der SPD, deren Vorsitzender er von 1964 bis 1987 war. Im Kabinett Kiesinger war er zuvor als Außenminister und Vizekanzler tätig, bis 1957 war er Regierender Bürgermeister von Berlin gewesen.
        Willy Brandt (*18. Dezember 1913, † 8. Oktober 1992) war der erste Bundeskanzler aus den Reihen der SPD, deren Vorsitzender er von 1964 bis 1987 war. Im Kabinett Kiesinger war er zuvor als Außenminister und Vizekanzler tätig, bis 1957 war er Regierender Bürgermeister von Berlin gewesen. © IMAGO | imago/Sven Simon
        In seiner Zeit als Kanzler von 1969 bis 1974 sorgte Brandt vor allem für eine Annäherung an die Staaten des damaligen Ostblocks – eine erste Entspannung in Zeiten des Kalten Kriegs.
        In seiner Zeit als Kanzler von 1969 bis 1974 sorgte Brandt vor allem für eine Annäherung an die Staaten des damaligen Ostblocks – eine erste Entspannung in Zeiten des Kalten Kriegs. © © epd-bild / Guenay Ulutuncok | Guenay Ulutuncok
        Weltberühmt wurde sein „Kniefall von Warschau“ am 7. Dezember 1970 am Ehrenmal für die Toten des Warschauer Ghettos , mit dem er in der polnischen Hauptstadt um Vergebung für die NS-Verbrechen bat. Für seine Entspannungspolitik erhielt der Brandt 1971 den Friedensnobelpreis. Wegen der Affäre um den Kanzleramtsspion Günter Guillaume trat er im Mai 1974 zurück.
        Weltberühmt wurde sein „Kniefall von Warschau“ am 7. Dezember 1970 am Ehrenmal für die Toten des Warschauer Ghettos , mit dem er in der polnischen Hauptstadt um Vergebung für die NS-Verbrechen bat. Für seine Entspannungspolitik erhielt der Brandt 1971 den Friedensnobelpreis. Wegen der Affäre um den Kanzleramtsspion Günter Guillaume trat er im Mai 1974 zurück. © © epd-bild / Keystone | Keystone
        Helmut Schmidt (*23. Dezember 1918, †10. November 2015) übernahm ab 1974 für acht Jahre den Chefposten im Kanzleramt. Zuvor der SPD-Politiker von 1969 bis 1972 Verteidigungsminister, danach für zwei Jahre Finanzminister. In seine Amtszeit fielen einige wirtschaftliche Krisen, denen er unter anderem mit der Gründung des „Weltwirtschaftsgipfels“ begegnete.
        Helmut Schmidt (*23. Dezember 1918, †10. November 2015) übernahm ab 1974 für acht Jahre den Chefposten im Kanzleramt. Zuvor der SPD-Politiker von 1969 bis 1972 Verteidigungsminister, danach für zwei Jahre Finanzminister. In seine Amtszeit fielen einige wirtschaftliche Krisen, denen er unter anderem mit der Gründung des „Weltwirtschaftsgipfels“ begegnete. © IMAGO | imago/Sven Simon
        Im Kampf gegen die RAF-Terroristen setzte der Mann mit der Zigarette ab 1975 auf eine unnachgiebige Linie, die ihm vor allem Kritik der Opfer-Familien einbrachte. Sein in Schmidts eigener Partei hoch umstrittenes Engagement für den „Nato-Doppelbeschluss“, der die Stationierung von Atomwaffen in Deutschland als Gegengewicht zur sowjetischen Nuklearmacht vorsah, ließ die sozialliberale Koalition schließlich zerbrechen.
        Im Kampf gegen die RAF-Terroristen setzte der Mann mit der Zigarette ab 1975 auf eine unnachgiebige Linie, die ihm vor allem Kritik der Opfer-Familien einbrachte. Sein in Schmidts eigener Partei hoch umstrittenes Engagement für den „Nato-Doppelbeschluss“, der die Stationierung von Atomwaffen in Deutschland als Gegengewicht zur sowjetischen Nuklearmacht vorsah, ließ die sozialliberale Koalition schließlich zerbrechen. © picture alliance / Klaus Rose | dpa Picture-Alliance / Klaus Rose
        Helmut Kohl (*3. April 1930, †16. Juni 2017) absolvierte die bislang längste Amtsperiode als Bundeskanzler: von 1982 bis 1998. Zuvor, von 1969 bis 1976, hatte der CDU-Politiker als Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz regiert. In den Siebzigerjahren war Kohl mitverantwortlich für einige Kursänderungen in der CDU, deren Vorsitzender er von 1973 bis 1998 war.
        Helmut Kohl (*3. April 1930, †16. Juni 2017) absolvierte die bislang längste Amtsperiode als Bundeskanzler: von 1982 bis 1998. Zuvor, von 1969 bis 1976, hatte der CDU-Politiker als Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz regiert. In den Siebzigerjahren war Kohl mitverantwortlich für einige Kursänderungen in der CDU, deren Vorsitzender er von 1973 bis 1998 war. © IMAGO | imago/Sven Simon
        In seine Kanzlerschaft fiel die deutsche Wiedervereinigung, er gilt bis heute als „Kanzler der Einheit“. In der Kritik stand er am Ende seiner politischen Laufbahn wegen der CDU-Spendenaffäre, die ihn letztlich auch den Ehrenvorsitz seiner Partei kostete.
        In seine Kanzlerschaft fiel die deutsche Wiedervereinigung, er gilt bis heute als „Kanzler der Einheit“. In der Kritik stand er am Ende seiner politischen Laufbahn wegen der CDU-Spendenaffäre, die ihn letztlich auch den Ehrenvorsitz seiner Partei kostete. © picture-alliance/ dpa/dpaweb | dpa Picture-Alliance / Stephanie Pilick
        Gerhard Schröder (*7. April 1944) wurde 1998 nach acht Jahren als niedersächsischer Ministerpräsident zum Bundeskanzler gewählt. Der Sozialdemokrat blieb bis 2005 im Amt und an der Spitze der ersten rot-grünen Bundesregierung. Seine Regierung schickte erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder deutsche Soldaten in einen bewaffneten Konflikt – zur Befriedung des Kosovo.
        Gerhard Schröder (*7. April 1944) wurde 1998 nach acht Jahren als niedersächsischer Ministerpräsident zum Bundeskanzler gewählt. Der Sozialdemokrat blieb bis 2005 im Amt und an der Spitze der ersten rot-grünen Bundesregierung. Seine Regierung schickte erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder deutsche Soldaten in einen bewaffneten Konflikt – zur Befriedung des Kosovo. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
        Seine zweite Amtszeit „verdiente“ sich Schröder vor allem mit dem Krisenmanagement beim Elbe-Hochwasser 2002. Aus seiner Kanzlerschaft ging die Agenda 2010 hervor, aus der vor allem die „Hartz-Reformen“ bekannt sind. Die Agenda war seiner Zeit so umstritten und brachte ihm so viel Widerstände ein, dass er für 2005 eine vorgezogene Bundestagswahl ansetzte, die Rot-Grün verlor.
        Seine zweite Amtszeit „verdiente“ sich Schröder vor allem mit dem Krisenmanagement beim Elbe-Hochwasser 2002. Aus seiner Kanzlerschaft ging die Agenda 2010 hervor, aus der vor allem die „Hartz-Reformen“ bekannt sind. Die Agenda war seiner Zeit so umstritten und brachte ihm so viel Widerstände ein, dass er für 2005 eine vorgezogene Bundestagswahl ansetzte, die Rot-Grün verlor. © IMAGO | imago/Jürgen Eis
        Mit Angela Merkel (*17. Juli 1954) kam 2005 die erste Frau an die Spitze der Bundesregierung. Zunächst regierte die Christdemokratin von 2005 bis 2009 in einer Großen Koalition mit der SPD, nach der Wahl 2009 mit einem Bündnis aus CDU und FDP – und seit 2013 wieder mit der SPD.
        Mit Angela Merkel (*17. Juli 1954) kam 2005 die erste Frau an die Spitze der Bundesregierung. Zunächst regierte die Christdemokratin von 2005 bis 2009 in einer Großen Koalition mit der SPD, nach der Wahl 2009 mit einem Bündnis aus CDU und FDP – und seit 2013 wieder mit der SPD. © REUTERS | REUTERS / POOL New
        Zuvor hatte sie als Ministerin für Frauen und Jugend (1991 bis 1994) sowie als Umweltministerin (1994 bis 1998) gearbeitet. Seit April 2000 ist Merkel Bundesvorsitzende der CDU.
        Zuvor hatte sie als Ministerin für Frauen und Jugend (1991 bis 1994) sowie als Umweltministerin (1994 bis 1998) gearbeitet. Seit April 2000 ist Merkel Bundesvorsitzende der CDU. © dpa | Jörg Sarbach
        Nach dem Ja zur Großen Koalition ist Merkel am 14. März, sechs Monate nach der Bundestagswahl, zum vierten Mal wiedergewählt worden. In einem Weißen Blazer (bei den ersten Ernennungen trug sie einen schwarzen Blazer) legte sie Eidesformel ab.
        Nach dem Ja zur Großen Koalition ist Merkel am 14. März, sechs Monate nach der Bundestagswahl, zum vierten Mal wiedergewählt worden. In einem Weißen Blazer (bei den ersten Ernennungen trug sie einen schwarzen Blazer) legte sie Eidesformel ab. © dpa | Soeren Stache
        Olaf Scholz (*14. Juni 1958 in Osnabrück) ist seit dem 8. Dezember 2021 Bundeskanzler der Bundesrepublik. Er löste  Angela Merkel ab, die im Wahlkampf 2021 nicht mehr für die Union angetreten war. Scholz hatte zuvor in der Großen Koalition als Vizekanzler und Finanzminister gearbeitet.  Scholz gilt als penibler Technokrat.
        Olaf Scholz (*14. Juni 1958 in Osnabrück) ist seit dem 8. Dezember 2021 Bundeskanzler der Bundesrepublik. Er löste Angela Merkel ab, die im Wahlkampf 2021 nicht mehr für die Union angetreten war. Scholz hatte zuvor in der Großen Koalition als Vizekanzler und Finanzminister gearbeitet. Scholz gilt als penibler Technokrat. © Bernd von Jutrczenka/dpa/Archivbild
        Zu den großen Krisen seiner Amtszeit gehört der Krieg in der Ukraine, den Russland unter Präsident Wladimir Putin am 24. Februar 2022 begann. Scholz tauschte sich im Sommer 2022 dazu mit den führenden Industrienationen der G7 aus - hier ein Bild mit US-Präsident Joe Biden beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau.
        Zu den großen Krisen seiner Amtszeit gehört der Krieg in der Ukraine, den Russland unter Präsident Wladimir Putin am 24. Februar 2022 begann. Scholz tauschte sich im Sommer 2022 dazu mit den führenden Industrienationen der G7 aus - hier ein Bild mit US-Präsident Joe Biden beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau. © dpa | Michael Kappeler
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        Jeder sollte so leben, wie er möchte

        Ich konnte Helmut Kohl vertrauen. Er war der Inbegriff eines Freundes. Nur eine Sache gab es, bei der ich lange unsicher und zögernd war. Als Bundespräsident Köhler einen Empfang zu Ehren Kohls gab, war auch ich eingeladen. Wir hatten nie über meine Homosexualität gesprochen, Kohl wusste aber, dass ich seit vielen Jahren mit Klaus Sälzer zusammenlebe.

        Ich fragte ihn nun, ob ich allein zu dem Empfang kommen müsse. Er sah mich groß an und fragte nur sein typisches: „Bist du jetzt ganz wahnsinnig?“ Auch diese menschenliebende und großzügige Seite Helmut Kohls ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt: Jeder sollte so leben, wie er möchte.

        Aus dieser Haltung heraus ist Helmut Kohl auch 2013 unser Trauzeuge geworden. Die gleichgeschlechtliche Partnerschaft ist in der CDU noch ein heikles Thema. Er tat es aus Freundschaft, setzte damit ein Zeichen für seine Nachfolger. Dafür ist er viel gescholten worden. Aber mit Kritik hat er, der dünnhäutiger war als man ahnte, umzugehen gelernt.

        Ich verneige mich vor einem großen Staatsmann. Vor allem aber verneige ich mich vor einem großen Freund.

        Der Autor Stephan Holthoff-Pförtner, 68, ist Anwalt, Mitgesellschafter der Funke Mediengruppe und seit Herbst 2016 Präsident des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger.