Braunschweig. Das Konzept der Polizei geht beim Relegations-Duell in Braunschweig weitgehend auf. Nach Spielschluss fliegen Pyros und Becher.

Zwei Anhänger des VfL Wolfsburg stehen etwas verloren in der Halle des Braunschweiger Hauptbahnhofs und suchen gegen 17.30 Uhr weitere Fans in Grün-Weiß. Vergeblich – noch. Es sind sehr, sehr wenige VfL-Fans, die sich zum Bahnhof oder in die Innenstadt von Braunschweig wagen an diesem Montagabend, an dem es um nicht weniger als den letzten verbliebenen Platz in der Fußball-Bundesliga geht.

Es ist daher auffallend ruhig am Bahnhof. Nur eine Handvoll Mannschaftswagen der Polizei stehen bereit. Beim Derby Mitte April gegen Hannover 96 kreisten sogar Polizei-Hubschrauber über dem Braunschweiger Bahnhof. Ganze Hundertschaften riegelten den Bahnhof ab, als ein Sonderzug mit dem harten Kern der Eintracht-Fans nach Hannover fuhr.

Die VfL-Fans sind offenbar ruhiger. Eintracht-Fan Christoph Bratmann, der SPD-Landtagsabgeordnete aus Braunschweig, wird später am Stadion spotten: „Das liegt daran, dass die Wolfsburger keine Fankultur haben.“

Der Respekt vor den Eintracht-Fans ist groß. „Durch die Innenstadt müssen wir heute nicht unbedingt“, sagt ein Anhänger des VfL Wolfsburg in der Wartehalle des Bahnhofs. 27 Fans der Wolfsburger wagen sich zum Bahnhof, mehr sind es nicht. Einige von ihnen ziehen erst vor dem Shuttle-Bus, der sie zum Stadion bringen soll, ihr Trikot an.

Im Stadion live dabei sein können nur 23 000 Zuschauer. 2200 davon reisen aus Wolfsburg an. Die Mehrheit von ihnen, 1150 Fans, kommen mit 23 Shuttle-Bussen. Die Busse fahren direkt auf den Gästeparkplatz, Polizisten sichern die schmale Einfahrt auf das Gelände, trennen die beiden Fanlager.

Eintracht Braunschweig vs VfL Wolfsburg

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Die Polizei hat es dieses Mal einfacher als beim Hinspiel. Es ist Montag, die meisten mussten vorher noch zur Arbeit. Der harte Kern beider Fangruppen trank am Vatertag bereits einiges an Alkohol, lange bevor das Spiel begann. Außerdem musste die Polizei etwa 1200 Eintracht-Fans durch die Wolfsburger City per Fanmarsch zum Stadion schleusen. Direkt am Anschluss folgten etwa 1000 VfL-Fans.

Beim Hinspiel waren es geschätzte 1000 Polizisten, beim Rückspiel sind es zwar auch Hunderte von Beamten, aber wohl nur die Hälfte. Genaues zur Einsatzstärke will die Polizei nicht sagen.

Nach den Ausschreitungen beim Hinspiel, bei dem die Polizei auch Wasserwerfer einsetzte, bemühen sich die Fans beider Lager, die Stimmung nicht noch zusätzlich anzuheizen. Auch die Polizei rüstet ganz bewusst ab. Wasserwerfer sind beim Rückspiel nicht zu sehen. Die Polizisten tragen auch keine Helme wie in Wolfsburg. Kurz vor Spielbeginn sagt ein Beamter: „Läuft alles super.“

Auch szenekundige Beamte sind in zivil hier. Diese Polizisten haben einen besonders engen Kontakt zur Eintracht-Fanszene. Auch sie sind sehr ruhig. Zuvor am Hauptbahnhof waren sie schon zu sehen. Auch dort wirkten sie sehr entspannt.

An der Rheingoldstraße, direkt am Stadion vor einer Tankstelle, stehen drei Polizisten an einem Mannschaftswagen und scherzen. Auch dafür bleibt vor dem Rückspiel noch Zeit.

Gelassen und siegessicher geben sich viele blau-gelbe Fans auf dem Weg zum Stadion. Sie glauben fest an die Aussage des Trainers Torsten Lieberknecht. Er hatte nach dem 0:1 betont, dass kein Team den Aufstieg so verdient habe wie seine Elf.

„Viele Eintracht-Fans fühlten sich am Donnerstag nicht fair behandelt“, erzählt eine Kiosk-Verkäuferin, bei der sich Hunderte Anhänger mit Getränken eindecken. Sie meint den unberechtigten Elfmeter, aber auch den Einsatz der Wasserwerfer, den viele Eintracht-Fans als überzogen empfanden.

Die Stimmung ist jedoch friedlicher als in Wolfsburg. Die Fans disziplinieren sich gegenseitig. Als während des Spiels ein Böller aus einem Eintracht-Block fliegt und einen Ordner trifft, der zu Boden geht, rufen Anhänger „Ihr seid zu blöd.“ Gemeint sind die Fans aus dem eigenen Lager.

Der Verein Eintracht Braunschweig hält es vor dem Spiel aber genauer als der VfL Wolfsburg ein paar Tage zuvor. Schon auf dem Gästeparkplatz sind eigentlich keine Kameras erlaubt. „Das ist ein sensibler Bereich“, sagt eine Eintracht-Sprecherin. Nichts soll nach außen dringen. Das ist offenbar nicht bis zu den 600 Eintracht-Ordnern und 50 VfL-Ordnern vorgedrungen. Auch die eigentlich verschärften Einlasskontrollen sind so scharf nicht. Im Gästeblock geht alles zügig voran. Es gibt keinen Grund, die Fans länger warten zu lassen.

Ein VfL-Fan aus Königslutter will nach dem Spiel wieder per von der Polizei gesichertem Shuttle-Bus zum Hauptbahnhof fahren. Dort steht sein Auto. Den Umweg nimmt er in Kauf. „Man weiß ja, wie die Braunschweiger Fanszene ist“, sagt er. „Egal, wie das Spiel läuft, nachher wird es brenzlig“, meint der VfL-Fan.

Als wollen sie ihn bestätigen, laufen nach Spielschluss Eintracht-Anhänger auf den Rasen, pöbeln in Richtung Gästekurve, reißen die Arme hoch. Sie zünden Pyros. Die Polizisten sind aber schnell zur Stelle, bilden zwei Ketten, für die Eintracht-Anhänger ist hier kein Durchkommen. Die Situation beruhigt sich.

Die Polizei erwartet eine heiße Nacht. „Unsere eigentliche Arbeit beginnt wohl erst nach dem Spiel“, sagt Braunschweigs Polizeisprecher Joachim Grande. Er sagte den Platzsturm der Eintracht-Anhänger kurz vor dem Spiel voraus, auch den Einsatz der Pyros. Insgesamt zeigt sich Grande aber „sehr zufrieden“ über den Ablauf des Rückspiels mit Blick auf die Sicherheit. Die Anhänger, die den Platz stürmen, nennt Grande schlicht „Chaoten“. Sie schmeißen mit Bechern und Pyros auf die Beamten.

Es kommt auch während des Spiels zu zwei kleineren Vorfällen: Einige wenige VfL-Fans werden verletzt, als sie sich bei den Toren für die Wolfsburger als VfL-Fans zu erkennen geben.