New York. Das Konzept der Partnerschaft zwischen Redaktion und Lesern gewinnt den Global Media Award. Die Branche ist offen für Neues.

Der Rahmen des Festabends zur Verleihung der „Global Media Awards“ hätte kaum exklusiver sein können: Der Harvard Club in New Yorks 44. Straße, nur einen Steinwurf von der vornehmen 5th Avenue entfernt, ist normalerweise den Absolventen der Eliteuniversität vorbehalten. Kein Club in New York ist strenger. Wer verstehen will, wie sich Elite in den USA buchstabiert – hier kann er es lernen. Seit 1888 treffen sich die Harvard-Alumni hier, in einem Saal, der es an Größe und Pracht beinahe mit der Dornse im Braunschweiger Altstadtrathaus aufnehmen könnte, in Banketträumen von beeindruckenden Dimensionen oder am Pool in der siebten Etage. Es ist ein Rausch aus Harvard-Ziegeln, gelbem Kalkstein, dunklem Holz und, seit der letzten Erweiterung, Glas.

300 Medienverantwortliche aus fast 40 Nationen trafen sich hier zum krönenden Schluss des World Congress of News Media, den die International News Media Association ausrichtet. Der Kreis reichte von Schweden bis Südafrika und von Indien bis zu den USA, von Unternehmen wie Bloomberg, Google, Facebook, Schibsted, Springer und Funke Mediengruppe bis zu Oldenburger NWZ Mediengruppe. Zuvor hatte der World Congress ein paar Blocks entfernt, im Konferenzcenter der New York Times, zwei Tage lang über Erfolgsrezepte diskutiert, in aufgeräumter Stimmung.

Im Gespräch mit den Freundfeinden Facebook und Google – die einerseits allen Medienunternehmen erhebliche Reichweite bescheren, andererseits an deren geistigem Eigentum verdienen – entstehen vielleicht kooperative Ansätze. Mehr Dialog war nie. Das mag auch an der Not von Facebook liegen. Dass über diese Plattform so viele Falschinformationen absichtsvoll in die Welt gesetzt wurden, hat den Marktführer in Social Media unter Druck gebracht. Das Beispiel der New York Times, die in drei Monaten Trump 250 000 Abonnenten gewann, zeigt derweil, dass engagierter Journalismus unverändert gefragt ist. Times-Chef Mark Thompson rechnet auf lange Sicht mit bis zu zehn Millionen Online-Abonnenten. Das entspräche einer Verfünffachung. Auch regionale Medien berichteten über Erfolge mit neuen Strategien der Kundengewinnung. Auch hier stand die journalistische Arbeit neben Fragen der Preisgestaltung, der Handlichkeit der Anwendung und der Überzeugungsarbeit im Mittelpunkt. Alles drehte sich nicht um Probleme, sondern um Lösungen – auch bei den Preisträgern der Global Media Awards. 655 Bewerbungen aus 36 Ländern hatten der 44-köpfigen, mit Fachleuten aus 17 Ländern besetzten Jury in diesem Jahr vorgelegen. Einmal mehr ging die hochmoderne, kreativ geführte Osloer „Aftenposten“ als Sieger aus dem Abend. Unter den 40 Ersten Preisträgern ist aber auch unsere Zeitung – mit dem Konzept der Bürgerzeitung. Im Finale setzte sich die Bewerbung in der Kategorie „Best idea to encourage print readership or engagement“ durch. Die Bürgerzeitung, bereits mehrfach mit dem Deutschen Lokaljournalistenpreis ausgezeichnet, gewinnt damit zum ersten Mal einen großen internationalen Preis.

Das Konzept, das in unserer Redaktion unter Chefredakteur Paul-Josef Raue entstand, will Leser zu Partnern machen. Es hat in den vergangenen 15 Jahren immer neue Formen gefunden. Zuletzt waren es die „Antworten“-Formate, bei denen die Redaktion Fragen der Leserinnen und Leser auf den Grund geht, die Dorf- und Stadtteilabende oder das Portal „Alarm 38“.

Die Bürgerzeitung ist auch ein Konzept der Transparenz, die sich unter anderem in der Arbeit des Ombudsrates ausdrückt – er geht Leserbeschwerden öffentlich nach. Vor dem Hintergrund der „Lügenpresse“-Vorwürfe gewinnt dies weitere Bedeutung, wie Chefredakteur Armin Maus in der Bewerbung schrieb.

Der Text der Bewerbung ist nachzulesen unter goo.gl/j8i7Lo.

Alle Sieger finden Sie unter goo.gl/J1n2k1

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

der Global Media Award ist ein international renommierter Preis. Wer ihn gewinnt, hat sich aus der breiten Masse der weltweiten Medien deutlich abgehoben. Keine Frage: Unsere Redaktion freut sich sehr, dass wir den Maßstäben der internationalen Jury genügt haben. Sie erkennt an, dass diese Redaktion, dass diese Zeitung Partnerschaft mit ihren Leserinnen und Lesern sucht, weil sie mehr sein will als ein Nachrichtenlieferant. Es ist ein Weg, der von einer Redaktion besonderes Engagement und durchaus Nehmerqualitäten fordert. Bürgerzeitung hat mit Anteilnahme zu tun, mit dem Wissen um die Themen, die die Menschen in unserer Region wirklich bewegen, und mit dem Ringen um den besseren Weg. Die aktuelle Diskussion in Fachkrei-sen um „konstruktiven Journalismus“, also lösungsorientierten Journalismus, kommt uns seltsam bekannt vor – wir sind schon lange der Meinung, dass eine Zeitung nicht bei der Problembeschreibung stehen bleiben darf.

Bürgerzeitung ist der Versuch, die Klugheit und den Sachverstand der Vielen in unserer Region hör- und nutzbar zu machen. Sehr viele Leserinnen und Leser nehmen diese Einladung an. Sie stellen Fragen, deren Antworten wir recherchieren, sie kommen zu Leserforen und Dorf- und Stadtteilabenden, sie diskutieren auf unseren Internetseiten und Leserbriefseiten, sie rütteln und schütteln uns mit der Kraft des Ombudsrates, sie beteiligen sich an der Wahl zum Gemeinsampreis oder zu den Menschen des Jahres, sie unterstützen gute Projekte über das „Goldene Herz“.

Es ist sicher kein Zufall, dass die Bürgerzeitung gerade in dieser Region entstand, in der die besten Autos der Welt, herausragende Forschung und Bildung und eine Kultur des offenen Gesprächs zu Hause sind.

Liebe Leserinnen und Leser: Ohne Sie gäbe es die Bürgerzeitung nicht. Deshalb ist der Global Media Award Ihr Preis. Ihre Redaktion gratuliert Ihnen herzlich!

Mit freundlichem Gruß

Armin Maus, Chefredakteur