Braunschweig. Feiertag bei den Nazis, aber nicht in der DDR: Was steckt hinter Christi Himmelfahrt?

Unser Leser Dirk Rühmann aus Braunschweig fragt:

Laut Internet ist Christi Himmelfahrt seit den 30er Jahren in Deutschland gesetzlicher Feiertag. Warum aber haben gerade die Nazis einen kirchlichen Feiertag zum gesetzlichen gemacht, wo sie doch eher eine kirchenfeindliche Politik betrieben haben? Und liegt darin der Grund, dass die DDR Himmelfahrt als gesetzlichen Feiertag nicht beging?

Die Antwort recherchierte Sibylle Haberstumpf

Am kommenden Donnerstag ist Christi Himmelfahrt, lateinisch Ascensio Domini, zu Deutsch: der Aufstieg des Herrn. Den meisten Arbeitnehmern verheißt der Tag himmlische Freude, denn er ist nicht nur bundesweit ein Feiertag, sondern als Donnerstag auch schwer brückentaggeeignet. Aus christlicher Sicht wird dabei 40 Tage nach Ostern der „Auffahrt“ Jesu zu Gott, seinem Vater, gedacht. Als gesetzlicher Feiertag in Deutschland festgelegt wurde Christi Himmelfahrt tatsächlich zur Nazi-Zeit: Am 27. Februar 1934 unterzeichneten Reichskanzler Adolf Hitler und die Reichsminister Frick und Goebbels das „Gesetz über die Feiertage“.

Die Kirchenpolitik der Nationalsozialisten beurteilt der Kirchenhistoriker Dr. Norbert Haag vom Landeskirchlichen Archiv Stuttgart als „eher pragmatisch denn programmatisch“ und „vielfach improvisiert“. Die kirchlichen Feiertage Karfreitag, Ostermontag, Fronleichnam, Pfingsten, der Reformationstag, der Buß- und Bettag, Weihnachten und eben Christi Himmelfahrt blieben bestehen. „Einen von Anfang feststehenden und konsequent verfolgten Entschluss des NS-Staates, die beiden großen Kirchen aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen, hat es nicht gegeben“, formuliert Norbert Haag in seinem Aufsatz „Nationalsozialismus“, nachzulesen auf der Webseite „Württembergische Kirchengeschichte Online“. „Die eindeutigen Äußerungen Hitlers aus den 40er Jahren, den Kirchen nach siegreicher Beendigung des Krieges keinen Platz mehr im Großgermanischen Reich einräumen zu wollen, können nicht auf die Anfangsphase des NS-Staates zurückprojiziert werden“, schreibt Haag weiter.

Wie es sich dagegen mit Christi Himmelfahrt in der DDR verhält, erklärt der Historiker Dr. Stefan Wolle, Wissenschaftlicher Leiter des DDR-Museums in Berlin: „Im Jahr 1967 wurden in der DDR mehrere christliche Feiertage gestrichen, darunter auch Himmelfahrt.“ Schuld daran seien jedoch nicht die Nationalsozialisten gewesen, auch hätten dabei nicht etwaige kirchenfeindliche Motive der DDR eine Rolle gespielt. Sondern, meint der DDR-Forscher: „Vielmehr wurde 1967 die Fünftagewoche eingeführt. Durch das Streichen der Feiertage sollte ein Teil der fehlenden Arbeitszeit ausgeglichen werden.“ Vorher war für die Arbeitnehmer in der DDR meist nur der Sonntag frei gewesen.

In Kraft traten die Feiertags-Streichungen im August 1967. Daher galten in diesem Jahr der Reformationstag und auch der Buß- und Bettag nicht mehr als Feiertage. Himmelfahrt fiel in diesem Jahr auf den 4. Mai.

Interessantes zur noch früheren Geschichte des Himmelfahrtstages ergänzt Dieter Rammler, Leiter des Theologischen Zentrums in Braunschweig, auf Anfrage: Bis zur Trennung von Staat und Kirche im Jahr 1919 seien Kirchenfeste zugleich staatliche Feiertage gewesen. „Mit der Weimarer Reichsverfassung von 1919 wird das Staatskirchenrecht neu definiert“, erklärt der Theologe weiter. „Sonn- und Feiertage werden darin zwar grundsätzlich festgeschrieben, müssen aber im Einzelnen in ihrem Umfang neu auf Länderebene geregelt werden.“

Der Aufstieg Christi zu seinem göttlichen Vater wird oft als Aufbruch ins Leben gedeutet; das Pfingstfest knüpft daran an. Und das macht den Tag auf weltlicher Ebene für viele zu dem, was er ja auch ist (wenn auch ungesetzlich): zum perfekten Vatertag.