Braunschweig. Christel Seigneur, die Präsidentin der Deutsch-Französischen Gesellschaft, zur ersten Runde der Frankreich-Wahl.

Auch in Deutschland konnten Franzosen über ihren künftigen Präsidenten abstimmen. Für 35 000 Bürger lagen Wahlunterlagen in den Konsulaten Berlin, Hamburg und Stuttgart bereit. Die große Mehrheit stimmte für Emmanuel Macron. Dirk Breyvogel sprach mit Christel Seigneur, Präsidentin der Deutsch-Französischen Gesellschaft Braunschweig-Wolfsburg, über die erste Runde der Wahl.

Frau Seigneur, war Sonntag ein guter Tag für Frankreich?

Ja, denn es hätte aus meiner Sicht schlimmer kommen können. Wer Emmanuel Macron gewählt hat, hat sich dafür entschieden, kein Risiko einzugehen und auch verhindert, dass am Ende mit Jean-Luc Melénchon und Marine Le Pen zwei Kandidaten des extremen Randes zur Wahl stehen. Allerdings gehört auch zur Wahrheit, dass der Front National in ganz Frankreich Stimmen dazugewonnen hat.

Was sind die Erwartungen an einen Präsidenten Macron, sollte er sich in der Stichwahl durchsetzen?

Macron ist für viele – auch für mich – wie ein offenes Buch. Ich werde ihn wählen, obwohl sein Regierungsprogramm unklar ist. Ob er die angekündigten Reformen des Sozialstaates durchsetzen kann und mit welchem Personal er das machen wird, weiß heute niemand. Trotz aller Fragezeichen ist mir sein Buch aber viel lieber, als das von Le Pen, dass ich inhaltlich total ablehne, weil es für die Feinde der Demokratie geschrieben ist.

Kann Macron auch ohne politische Hausmacht regieren?

Das werden wir sehen. Wir müssen abwarten, wen er als Ministerpräsident nominiert. Ich schätze, es wird jemand sein, dessen Partei auch bei der Wahl zur Nationalversammlung gute Chancen hat, Mehrheiten zu erreichen.

Ist Macron nicht auch ein Protestkandidat, dessen Erfolg den Niedergang der Etablierten zeigt?

Nein. Er hat zwar keine politische Partei hinter sich vereint, aber er kommt aus dem System. Ich vergleiche ihn ein wenig mit dem früheren Zentrumskandidaten François Bayrou, nur erfolgreicher.

Was müsste ein Präsident Macron anders machen als Hollande?

Die Präsidentschaft von Hollande hat viele Franzosen frustriert, weil dieser Präsident immer so tat, als wären ihm die Kräfte, die die Gesellschaft zusammenhalten sollen – wie Vereine oder soziale Einrichtungen – wichtig. Aber mehr als Versprechungen kamen am Ende dabei oft nicht raus. Das wird hoffentlich besser.