Salzgitter. Moderne Technik soll den Landwirten helfen, die strengeren Vorgaben einzuhalten. Morgen folgt die Abstimmung im Bundesrat.

Unsere Leserin Karin Löchter aus Salzgitter fragt:

Wann werden deutsche Umwelt- und Verbraucherschutz-Politiker endlich verantwortlich zum Schutz von Umwelt und Verbrauchern entscheiden?

Die Antwort recherchierte Johannes Kaufmann

Ob es beim Streit um überschrittene Nitratgrenzwerte in Grundwassermessstellen um Verbraucherschutz geht, ist durchaus umstritten. Denn die Wirkung von Nitrat auf den Menschen ist keinesfalls eindeutig geklärt. Auf der einen Seite steht der Verdacht, dass aus Nitrat gebildetes Nitrit im Magen zu krebserregenden Nitrosaminen reagieren kann. Auf der anderen Seite mehren sich Hinweise auf eine gesundheitsförderliche Wirkung. Über die Nahrung, vor allem Gemüse, aufgenommen und zu Stickstoffmonoxid verstoffwechselt soll Nitrat den Blutdruck senken und die Herzgesundheit fördern.

„Das ist wohl der Endspurt der grünen Landtagsfraktion.“
„Das ist wohl der Endspurt der grünen Landtagsfraktion.“ © Ulrich Löhr, Vorsitzender des LandvolksBraunschweiger Land, über die Forderungen grüner Landesminister

Weniger umstritten sind die Auswirkungen auf die Umwelt. Zu viel Nitrat und Phosphor führen zur Eutrophierung von Gewässern – zu einem Nährstoffüberschuss. Die Folge sind Algenblüten, was das Verhältnis der Arten in Seen, Flüssen und Küstengewässern verschieben kann.

Die EU hat Deutschland Ende des vergangenen Jahres wegen zu hoher Nitratwerte an den gemeldeten Messstellen verklagt. Um die Nitrateinträge ins Grundwasser zu verringern, wird seit Jahren um eine neue Düngeverordnung gestritten. Bis heute, denn heute soll der Bundesrat darüber abstimmen. Vergangene Woche einigten sich Bund und Länder auf einen Kompromiss, nachdem die Länder, darunter federführend auch Niedersachsen, noch einmal auf eine Verschärfung der Vorgaben für die Landwirtschaft gedrängt hatten.

Gemäß dem Kompromiss sollen ab 2018 viehintensive Betriebe eine Stoffstrombilanz führen und online melden. Dabei handelt es sich um ein Verzeichnis der Nährstoffe – etwa in Form von Dünger oder Futtermittel –, die der Betrieb ein- und ausführt. Ab 2023 sollen auch alle anderen Betriebe eine solche Bilanz führen.

Eine drastische pauschale Reduzierung der Stickstoffmenge, die pro Hektar ausgebracht werden darf, wie der Umweltausschuss des Bundesrats gefordert hatte, wird es wohl nicht geben. Im Gegenzug soll der Bund stark mit Nitrat belastete „rote Gebiete“, definieren, in denen die Länder zu besonders strengen Vorgaben ermächtigt werden.

Während der politische Konflikt nun größtenteils beigelegt ist, schwelt der Konflikt zwischen Landesregierung und Landwirten allerdings weiter. Ulrich Löhr, Vorsitzender des Braunschweiger Landvolks, ist über den gefundenen Kompromiss nicht sehr glücklich. Die Länder hätten sich mit ihrer strikten Auslegung der roten Gebiete durchgesetzt und mit der dort einsetzbaren „Länderermächtigung“ ein „schärferes Schwert“ gesichert.

Für größeren Unmut sorgt allerdings ein anderer Vorstoß der Landesregierung. Auf Initiative von Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) sollen künftig das Düngen und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in einem Abstand bis fünf Meter zu Gewässern untersagt werden.

Als Gewässer zählen dabei nicht nur Flüsse und Seen, sondern auch Gräben am Feldrand, die teilweise nur an einigen Tagen im Jahr Wasser führen. Diese Gewässer 3. Ordnung haben in Niedersachsen eine Gesamtlänge von 130 000 Kilometern.

Die Landwirte fürchten einen Verlust wertvoller Ackerflächen. 80 000 Hektar Land im Wert von insgesamt 2,5 Milliarden Euro würden auf diese Weise für die Landwirtschaft verloren gehen, hat das Landvolk Niedersachsen errechnet. „Bei meinem Betrieb wären es etwa zwei bis zweieinhalb Prozent der Fläche. In der Wesermarsch können das aber schnell 16 bis 18 Prozent sein“, sagt Löhr. „Das ist wohl der Endspurt der grünen Landtagsfraktion“, kommentiert Löhr die Pläne Wenzels und die Forderung von Agrarminister Christian Meyer im Bundesrat nach strikteren Regeln für Landwirte.

Nach Überzeugung der Landwirte machen moderne Landmaschinen zur Ausbringung von Dünger einen Abstand von fünf Metern überflüssig. Ein Meter reiche zum Schutz der Gewässer aus.

Demonstriert wurden solche Ausbringtechniken am Donnerstag bei der Fachtagung Wirtschaftsdüngermanagement der Niedersächsischen Landwirtschaftskammer in Salzgitter. In den Medien tauchten noch immer regelmäßig Bilder von Landmaschinen auf, die Gülle im hohen Bogen auf den Feldern verteilten, so Ulrich Löhr zu Einführung. Diese Technik ist allerdings bereits seit einigen Jahren verboten.

Moderne Verfahren sind der Schleppschlauch, bei dem flüssiger Dünger aus vielen Schläuchen direkt aufs Feld gebracht werden und der Schleppschuh, der kleine Furchen in den Acker ritzt, in die die Gülle eingebracht wird. Andere Techniken ermöglichen sogar, den Dünger in die Ackerkrume zu injizieren.

Solche Techniken ermöglichen eine präzise Ausbringung des Düngers und verringern darüber hinaus, dass Stickstoff in Form von Ammoniak ausgast und so verloren geht.