Hannover. In Niedersachsen gab es Pannen beim Politik-Abitur 2017.

Unser Leser Felix W., Schüler in der Oberstufe, fragt:

Ich habe gehört, dass es darum ging, dass in einer Schule eingebrochen wurde. Wisst Ihr mehr dazu?

Die Antwort recherchierten Lisa Claus und Michael Ahlers

Das Stichwort Einbruch als Ursache der Abitur-Probleme an den niedersächsischen Gymnasien ist nicht nur ein Gerücht.

„In der Nacht von Freitag auf Samstag sind noch unbekannte Täter in das Gymnasium Munster im Heidekreis eingebrochen“, erklärt Olaf Rothardt, Sprecher der Polizeiinspektion Heidekreis. Durch Aufhebeln eines Fensters und mehrerer Türen gelangten sie in das Gymnasium. Drinnen fanden sie mehrere kleine Tresore vor, in denen unter anderem die Politik-Abiturklausuren für den gestrigen Montag lagen. Gefehlt hat am Ende laut Rothardt nur Geld – 700 Euro waren weg, die Klausuren blieben zurück. Weil aber die Verantwortlichen im Kultusministerium kein Risiko eingehen wollten, entschieden sie, dass die Aufgaben nicht benutzt werden sollen.

„Das Niedersächsische Kultusministerium hat am Sonnabend die Abituraufgaben für das Prüfungsfach Politik-Wirtschaft in der gymnasialen Oberstufe ausgetauscht“, bestätigt ein Sprecher in Hannover. Alle Schulen mit gymnasialer Oberstufe seien über die neuen Aufgaben rechtzeitig informiert worden. Derlei geht heutzutage über das Internet – mit umfangreichen Zugangssicherungen.

„Die Aufgaben sind nicht verwendbar“ – diese Nachricht erreichte auch Marten Kohfahl, Schulleiter der Neuen Oberschule in Braunschweig. Das habe für Aufregung am Prüfungstag gesorgt: „Die Aufgaben mussten kurzfristig ausgedruckt und neu sortiert werden“, erklärt der Schulleiter. Die Schüler hätten so erst etwas später anfangen können, sagt Kohfahl, aber nichts davon mitbekommen. Anders war es bei den Schülern der IGS Weststadt. Wie ein Schüler, der anonym bleiben will, unserer Zeitung sagte, wurde ihm genau diese „nicht verwendbare“ Klausur ausgeteilt. Bis 8.45 Uhr wurde die bearbeitet. Der Schüler erzählt: „Um 8.45 Uhr wurde uns mitgeteilt, wir bekämen eine neue Klausur. Angeblich gab es Server-Updates, so dass den Lehrern erst nach Beginn der Klausur die E-Mail mit der Änderung vorlag. Wir haben dann von 9.35 Uhr bis 14.35 Uhr geschrieben. Nebenbei: Die neue Klausur empfanden viele als viel schwieriger.“ Ersetzt wurden wohl zwei zur Wahl stehende Aufgaben zum Thema Terrorismus durch zwei Aufgaben zum Thema Demokratie. Auch am Gymnasium Am Fredenberg Salzgitter startete man zunächst offenbar mit den alten Aufgaben.

„Die Nachricht kam am Samstag – da hätte es jeder wissen können, wenn er die E-Mail gelesen hätte“, sagt Jürgen Tüpker, Schulleiter des Julius-Spiegelberg-Gymnasiums in Vechelde. Die alten Aufgaben habe er noch am Wochenende beseitigt, um Verwirrung zu vermeiden. Die neuen seien am Montag sehr früh angekommen, man konnte sie schon um kurz nach sieben Uhr herunterladen, erklärt er.

Trotzdem gab es da und dort Verzögerungen. Ein Schüler der Gaußschule in Braunschweig, der anonym bleiben möchte, schildert die Sache so: „Als ich um zwanzig vor acht ankam, kamen mir schon welche entgegen, die mir gesagt haben, dass sich alles verzögern wird. So lange hat es aber nicht gedauert. Am Ende hat es hat keinen großen Unterschied gemacht.“ Gleichwohl sagt er: „Es ist schon skurril, wie weit manche für ein gutes Abitur gehen.“

Ein Einbruch also für ein besseres Abitur? Das bezweifelt der Polizeisprecher Olaf Rothardt. „Wir haben keinen Hinweis darauf, dass es bei dem Einbruch um die Klausuren ging. Eher gehen wir davon aus, dass es um das Geld ging.“ Auch habe es zwar nicht im Heidekreis, aber in der umliegenden Region weitere Einbrüche gegeben, so Rothardt.

„Nach den heutigen Erfahrungen muss überprüft werden, wie die Kommunikation zwischen Kultusministerium und Schulen verbessert werden kann“, erklärte der CDU-Landtagsabgeordnete Kai Seefried. Er forderte eine Unterrichtung im Kultusausschuss.