Saarbrücken. Die Ministerpräsidentin triumphiert. SPD, Linke und Grüne bleiben hingegen hinter ihren Erwartungen.

Die CDU hatte sich versteckt. Sie bauten ihre Cocktail-Tische und die Bierbänke für die Wahlparty in einem mittelgroßen Lokal hinter dem Hauptbahnhof von Saarbrücken auf. „Zusammen. Weiter. Voran“, steht auf einer Leinwand im Saal, gerade so groß wie ein Billardtisch. Es hätte ja alles ziemlich peinlich werden können an diesem Abend für die Christdemokraten. Und für ihre Spitzenkandidatin Annegret Kramp-Karrenbauer, im Saarland fast nur AKK genannt. Es wurde aber keine Peinlichkeit. Der Abend wurde ein sehr großer Erfolg.

Die Menschen im Saarland wählten die CDU mit Abstand zur stärksten Partei. Und sogar Annegret Kramp-Karrenbauer zeigt sich am Wahlabend überrascht von dem deutlichen Abstand zur Konkurrenz von der SPD: „Ich habe nicht einmal davon geträumt, sondern ich habe natürlich gehofft, dass es vor allen Dingen ein klares Ergebnis wird. Dass die Saarländerinnen und Saarländer deutlich machen, was sie wollen. Sie wollen eine Große Koalition, sie wollen eine Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer.“

Erträumt hatte sich dieses Ergebnis auch Daniel Kempf nicht, CDU-Vorsitzender einer Gemeinde in dem kleinen Bundesland. Er steht kurz nach der ersten Prognose mit dem Bierglas in der Hand im Saal des Lokals und überlegt, ob er sich für heute Nacht ein Hotelzimmer in Saarbrücken nimmt. Es könnte eine lange Feier werden.

In den vergangenen Wochen schien die Wahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu werden. Das kleine Saarland wurde in den vergangenen Wochen immer größer – die Wahl zum „Auftakt in das Super-Wahljahr“ deklariert, zum ersten Test für das SPD-Aufputschmittel Martin Schulz, als Kompass für die politische Zukunft Deutschlands zwischen Rot-Rot und großer Koalition. CDU-Mann Kempf sagt: „Der Druck war groß. Und die Erleichterung jetzt ist riesig.“ Nicht nur für die Saar-CDU – auch für die ganze Partei von Kanzlerin Angela Merkel. Nach den ersten Hochrechnungen scheint klar: Die Partei der Kanzlerin hat ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl ihre Machtposition im Saarland verteidigt. Für ein Bündnis von SPD und Linkspartei reicht es nicht. Die große Koalition aus CDU und SPD hätte eine starke Mehrheit im Parlament. Die Linke mit Spitzenkandidat Oskar Lafontaine verliert, die Grünen und die FDP scheiden ganz aus dem Landtag aus. Und so feiert die CDU die Wahl im Saarland auch als Niederlage für Rot-Rot-Grün.

Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer kann weiter regieren. Doch AKK musste in den vergangenen Wochen um diesen Sieg zittern. Noch zum Jahreswechsel hatte sie klar vorne gelegen – teilweise mit bis zu 13 Prozentpunkten. Die CDU setzte auf eine Fortsetzung der Koalition mit der SPD und der bisherigen Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger. Die beiden stritten über die Schulpolitik im Land, über den Schuldenabbau und Investitionen in Unternehmen. Aber auch nicht zu laut. Schließlich regierten CDU und SPD seit 2012 gemeinsam an der Saar. Keiner will die eigene Politik kleinreden.

Dann kam Martin Schulz an die Spitze der SPD. Nichts war mehr sicher im Saarland. Vom Schulz-Effekt war die Rede. Vom Hype. Und SPD-Frau Rehlinger schwamm auf dieser Erfolgswelle mit. Bis auf einen Prozentpunkt schmolz der Vorsprung der CDU. Sie griff an. Rot-Rot schien möglich. Doch der Schulz-Effekt hat offenbar Grenzen. Stattdessen wählten viele Saarländer die CDU vor allem wegen deren Spitzenkandidatin Kramp-Karrenbauer – für fast jeden zweiten CDU-Wähler war die Person entscheidend. Sie hatte den Amtsbonus der Regierenden. In den vergangenen Wochen stand Kramp-Karrenbauer vor Werkstoren, in der Fußgängerzone von Saarbrücken, abends ging manchmal der Zug nach Berlin zur Bundes-CDU, in deren Präsidium sie sitzt. CDU-Politiker Kempf sagt: „Ein drohendes Bündnis von SPD und Linkspartei hat noch einmal unheimlich viele CDU-Anhänger im Wahlkampf motiviert.“ Und die CDU versuchte, dem Schulz-Effekt einen AKK-Effekt entgegenzusetzen. Denn die Partei wusste, dass die Beliebtheitswerte der Ministerpräsidentin im Saarland weit über 70 Prozent lagen. Gepaart war der Personen-Wahlkampf mit einer Prise Warnung vor Rot-Rot. Die CDU habe so die Mitte mobilisieren können. Auch die Wahlbeteiligung war höher als 2012. Auch das habe der CDU in die Hände gespielt, sagen viele auf der Wahlparty.

Die „Alternative für Deutschland“ kam nach ersten Hochrechnungen knapp in das Parlament. Und doch schneidet die Partei deutlich schlechter ab als in den vergangenen Landtagswahlen. Selbst mit ihrem Lieblings-Thema „Flüchtlingspolitik“ konnte die rechte Partei nicht punkten. Die Menschen im Saarland waren zufrieden, wie die Regierung die Fluchtkrise gemanagt hatte.

SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger zeigte sich enttäuscht. „Wir werden vorne liegen“, hatte sie noch am Sonntagmorgen bei der Abgabe ihrer Stimme im Wahllokal angekündigt. Doch nun bleibt sie womöglich Juniorpartner in einer Großen Koalition. Man habe zwar eine Aufholjagd hingelegt, aber das Wahlziel nicht erreicht, sagte die stellvertretende Regierungschefin in der ARD. Es gebe einen allgemeinen Trend, dass der Amtsinhaber im Schlussspurt einen Bonus von den Wählern bekomme. Und auch Rehlinger sagte, dass die vor der Wahl nicht ausgeschlossene Option für ein rot-rotes Bündnis mit der Linkspartei Wählerstimmen gekostet haben könnte. „Durchaus möglich, dass wir dafür auch ein paar Prozentpünktchen haben abgeben müssen.“