Braunschweig. Die Voraussetzungen sind wegen der hohen Autoverfügbarkeit schwierig. Beide Städte geloben aber Besserung.

ÖPNV: Braunschweig und Wolfsburg wollen aufholen

Unser Leser, der sich Gino La nennt, bemerkt auf unseren Facebookseiten:

Die Busse und Bahnen in Braunschweig müssten viel häufiger fahren.

Zum Thema recherchierte Andre Dolle

Die Stadt Braunschweig und die Braunschweiger Verkehrs-GmbH haben Großes beim Nahverkehr vor. Kern ist das „Stadtbahnausbaukonzept 2030“. Es sieht eine Erweiterung des Streckennetzes bei der Straßenbahn um 18 Kilometer vor.

200 Millionen Euro soll das kosten. Der Baubeginn für die erste Strecke ist für 2020 angestrebt. Außerdem soll die Stadtbahnflotte erneuert werden. Zum Teil wurde sie das schon.

Jörg Reincke, Geschäftsführer der Braunschweiger Verkehrs-GmbH, sagt: „Wir arbeiten mit Hochdruck an zahlreichen Veränderungen.“ Dazu gehört auch eine Anpassung des Liniennetzes für die kommenden Jahre. Mit den Änderungen sollen neue Wohngebiete erschlossen und stark nachgefragte Strecken besser bedient werden. Ebenso will die Verkehrs-GmbH mit technischen Neuerungen punkten. „Das Echtzeitprojekt ist für uns so wichtig“, sagt Reincke. Zukünftig sollen Fahrgäste an den stark frequentierten Haltestellen und via App Informationen bekommen, wann Bahnen und Busse an der Haltestelle sind. Reincke: „Das wird auch mehr Verlässlichkeit beim Umsteigen bringen.“

Der Status Quo ist aber zuweilen ernüchternd. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Beratungsunternehmens Civity. Durch die sehr hohe Autoverfügbarkeit und die für Großstädte eher geringe Bevölkerungsdichte sind die Voraussetzungen in Braunschweig für den Nahverkehr sowieso schon ungünstig. Hinzu kommt, dass die reine Angebotsdichte bei Bussen und Straßenbahnen nominal bezogen auf die Einwohner unterdurchschnittlich ist. Nachts gibt es werktags gar keinen Nahverkehr.

Die Einzelfahrscheine sind mit 2,30 Euro im Vorverkauf vergleichsweise günstig. Das Abo liegt beim Preis-Leistungs-Verhältnis allenfalls im Mittelfeld. Viele Sonderleistungen sind in anderen Städten Standard, in Braunschweig nicht.

Und doch sind die Fahrgastzahlen seit 2010 von 37,3 Millionen auf 40,4 Millionen im vergangenen Jahr gestiegen. Bei den Kosten für den Nahverkehr steht Braunschweig ganz gut da. Die Ticketerlöse betragen 37 Millionen Euro pro Jahr. Der Zuschuss der Stadt Braunschweig beträgt 19 Millionen Euro, also etwa 34 Prozent. Oft decken Ticketverkäufe in Großstädten nur die Hälfte der Gesamtkosten.

Unser Leser Marcel Kensy bemerkt auf unseren Facebookseiten:

Ich vermeide das Busfahren in Wolfsburg so gut es nur geht.

Zum Thema recherchierte Andre Dolle

So ganz will die Wolfsburger Verkehrs-GmbH sich nicht mit den Ergebnissen einer Nahverkehrs-Studie des Beratungsunternehmens Civity anfreunden. „Wolfsburg ist eine Stadt, die aufgrund ihrer Größe und Besonderheiten als Wirtschaftsstandort nur unzureichend mit anderen Städten in Deutschland verglichen werden kann“, sagt Sprecherin Petra Buerke. Durch die hohe Zahl an Berufspendlern nehme Wolfsburg im Bundesvergleich eine Sonderstellung ein. Hieraus resultiere auch die hohe Stauanfälligkeit in der Stadt und auf den Zufahrtsstraßen. Aber ist all das nicht gerade ein Argument dafür, stärker auf den ÖPNV zu setzen?

Zugegeben, die Voraussetzungen für den Nahverkehr sind in Wolfsburg denkbar ungünstig. Buerke sagt zurecht: „Die hohe Autoverfügbarkeit und das durch viele kleine Ortschaften verzweigte Stadtgebiet sind weitere Faktoren, die auf den ÖPNV in Wolfsburg Einfluss haben.“ Die Studie habe diese Voraussetzungen gut erkannt und herausgearbeitet.

Und doch nagt die Studie an den Wolfsburgern. Auf den ersten Blick steht die Autostadt bei der Angebotsdichte nominal bezogen auf die Einwohner ganz gut da (siehe Grafik oben). Doch wird das bei der Taktdichte bezogen auf die Fläche der Stadt mehr als relativiert. Letzteres wirkt sich auch negativ auf die Schnelligkeit des ÖPNV aus. Und: Wolfsburg leistet sich keine Straßenbahn.

Buerke hält dem entgegen: „Im Oktober 2014 wurde das gesamte Liniennetz vollkommen erneuert. Zum 3. April 2016 gab es erneut Anpassungen, um die Wolfsburger Ortsteile besser an die Stadt anzubinden.“

Wolfsburg ist und bleibt aber eine Autostadt. Das sieht man bei den Abos im Nahverkehr. Die Preise sind laut Civity okay. Vergleicht man das Angebot aber mit anderen Städten, sieht es schon schlechter aus. Frappierend wird es beim Vergleich der Preissteigerungen bei den Parkgebühren mit den Preisen im Nahverkehr. Die Abopreise stiegen seit 2006 inflationsbereinigt in Wolfsburg um etwa 21 Prozent. Die Parkgebühren sanken im gleichen Zeitraum um 13 Prozent. Ein Anreiz für den Nahverkehr ist das nicht.

Und doch sind auch in Wolfsburg die Fahrgastzahlen seit 2010 von 13,3 Millionen auf 16,3 Millionen im vergangenen Jahr gestiegen. Die Ticketverkäufe decken den Nahverkehr in Wolfsburg mit knappen 75 Prozent. Wie viel das in absoluten Zahlen sind, wollte die Wolfsburger Verkehrs-GmbH auf Anfrage nicht sagen.