Wolfsburg. Die Münchener Staatsanwaltschaft leitet ein Verfahren wegen Betrugsverdachts ein. Auch in Wolfsburg werden Büros durchsucht.

Bisher spielte Volkswagens Premiumtochter Audi eher eine Nebenrolle im Abgas-Skandal. Und das, obwohl die Idee zum Betrug nach Erkenntnissen des US-Justizministeriums aus Ingolstadt stammt. Für die rund 80 000 Diesel mit 3-Liter-Motor aus dem Hause Audi hat Volkswagen in den USA inzwischen einen Vergleich erzielt. Doch in der Heimat gehen die Ermittlungen jetzt erst richtig los. Wie die zuständige Staatsanwaltschaft München II am Mittwoch mitteilte, hat sie ein Verfahren eingeleitet. 18 Staatsanwälte und 80 Beamte mehrere Landeskriminalämter (LKA) durchsuchten Audi-Standorte sowie sieben weitere Orte, darunter der VW-Konzernsitz in Wolfsburg.

Um 7 Uhr morgens trafen die Ermittler ein. Der Verdacht: Betrug und strafbare Werbung. Die Beamten untersuchen nach eigenen Angaben den Verkauf der Autos mit dem 3-Liter-Motor von Audi von 2009 bis 2015 in den USA. Es bestehe der Verdacht, dass in den Wagen „technische Vorrichtungen zur Manipulation von Abgaswerten eingebaut wurden“, um die US-Vorgaben einzuhalten – und die Käufer nicht darüber informiert wurden. Verkäufe in Europa überprüfen die Ermittler ausdrücklich nicht, da laut Kraftfahrt-Bundesamt keine unzulässige Beeinflussung von Abgaswerten festgestellt werden könne.

Neben Bayern und Baden-Württemberg nahmen auch LKA-Beamte aus Niedersachsen teil. Auch am VW-Konzernsitz in Wolfsburg wurden am Vormittag Büros durchsucht, wie ein Konzernsprecher bestätigte. Details wollte er aufgrund der laufenden Untersuchung nicht nennen. Volkswagen kooperiere vollumfänglich mit den Behörden. Das sagte auch ein Audi-Sprecher. Es seien die ersten Durchsuchungen im Abgas-Skandal.

Die Staatsanwaltschaft will herausfinden, wer an der Verwendung der Manipulationstechnik und an falschen Angaben gegenüber Dritten beteiligt war. Im Moment ermitteln die Staatsanwälte gegen Unbekannt.

Audi-Chef Rupert Stadler scheint bislang nicht im Visier der Behörden zu sein. Bei der Bilanz-Pressekonferenz, die am Mittwoch parallel zu den Durchsuchungen lief, sagte er laut Deutscher Presse-Agentur: „Weder bei mir zuhause noch in meinem Büro ist durchsucht worden.“ Den Zeitpunkt der Durchsuchungen – parallel zur wichtigsten Pressekonferenz des Jahres, zu der Journalisten aus aller Welt anreisen – kommentiere er nicht, zitierte ihn Reuters.

Um Stadler hatte es in den vergangenen Monaten immer wieder Abberufungs-Gerüchte gegeben. Doch sowohl VW-Konzernchef Matthias Müller als auch die VW-Eignerfamilien und der Audi-Aufsichtsrat hatten sich hinter den Audi-Chef gestellt. Medienberichten zufolge könnte er früher von einer Betrugs-Software gewusst haben. Audi bestreitet das. Stadler hatte erklärt, erst 2015 mit Bekanntwerden der Manipulationen davon erfahren zu haben.

Erst jetzt – eineinhalb Jahre später – habe ein Anfangsverdacht bejaht werden können, erläuterte ein Sprecher der Münchener Staatsanwaltschaft auf Anfrage. Im Vorermittlungsverfahren seien dafür Informationen gesammelt worden. Für ein Ermittlungsverfahren sei ein Anfangsverdacht für eine konkrete Straftat nötig. Medienberichte, wonach andere Privaträume durchsucht wurden, wollte er nicht bestätigen.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat mit den gestrigen Durchsuchungen nichts zu tun, wie ihr Sprecher klarstellte. Allerdings tauschten alle Staatsanwaltschaften, die zum selben Kern ermitteln, Informationen aus. „Wir haben Kontakt zu allen deutschen Staatsanwaltschaften, die an dem Thema arbeiten“, sagte Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft beispielsweise nimmt Bosch unter die Lupe. Von dem Zulieferer stammt die Betrugs-Software, die VW nutzte. Im Gegensatz zu Volkswagen hat Bosch allerdings kein Fehlverhalten eingeräumt.