Berlin. Eine OECD-Studie zeigt, dass Mütter in Deutschland deutlich weniger berufstätig sind als Mütter in anderen EU-Ländern.

Es fängt schon damit an, dass sie nach der Schule häufig die eher schlecht bezahlten Berufe wählen. Kommt das erste Kind, pausieren sie im Job und arbeiten auch später meistens nur in Teilzeit, um sich um Haushalt, Schule und schließlich auch um die alten Eltern zu kümmern. Frauen in Deutschland verdienen im Durchschnitt deswegen nicht nur deutlich weniger als Männer. Wie eine OECD-Studie jetzt zeigt, tragen in keinem vergleichbaren EU-Land Frauen so wenig zum Familieneinkommen bei wie in Deutschland. „Teilt euch die Aufgaben besser auf!“, rufen Familienpolitiker den Eltern seit Jahren zu. Doch bislang mit wenig Erfolg.

Für die Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wurden Paare mit Frauen im Alter von 25 bis 45 Jahren und mindestens einem Kind unter die Lupe genommen, die Daten stammen aus den Jahren 2011 bis 2014. In Dänemark, Schweden oder Frankreich sorgten Mütter im Schnitt zuletzt immerhin für rund 40 Prozent der Familienkasse, in Deutschland waren es dagegen nur rund 20 Prozent. Zwar sind hierzulande 70 Prozent der Mütter berufstätig – was dem OECD-Schnitt entspricht. Allerdings arbeiten mit 39 Prozent überdurchschnittlich viele Mütter in Teilzeit, und ihre Wochenarbeitszeit ist mit durchschnittlich 20 Stunden vergleichsweise kurz. Nur in den Niederlanden und in Österreich ist die Teilzeitquote unter Müttern noch höher.

Familieneinkommen

Grundsätzlich hat eine hohe Teilzeitquote auch Vorteile: Wo es viele flexible Arbeitszeitmodelle gibt, können junge Eltern leichter Sorgearbeit und Beruf unter einen Hut zu bringen. Doch in Deutschland ist Teilzeit in der Regel kein vorübergehendes Modell sondern oft unfreiwilliger Dauerzustand. Und: Teilzeit ist nach wie vor fast ausschließlich Frauensache – und damit Ausdruck eines traditionellen Familienbildes. Laut Studie übernehmen Frauen in Deutschland fast zwei Drittel der Hausarbeit, der Betreuung von Kindern und anderen Familienangehörigen. In Ländern, in denen Frauen deutlich stärker berufstätig sind und es gute, flächendeckende Kinderbetreuung wie etwa in Finnland oder Norwegen gibt, teilen Eltern Sorgearbeit dagegen ausgewogener auf.

Lob bekommt Deutschland von der OECD immerhin für seinen Veränderungswillen: Der Anteil der Bundesbürger, die finden, dass Mütter von Kindern im Vorschulalter nicht arbeiten sollten, habe sich zwischen 2002 und 2012 um die Hälfte reduziert. Deutschland sei heute nach Schweden das Land, in dem die Einstellung der Bevölkerung zur Aufteilung der Elternzeit zwischen Vater und Mutter am ehesten gleichberechtigt sei. Mit dem Ausbau von Kitas und Ganztagsschulen und der Einführung des Elterngeldes habe der Staat viel für die Vereinbarkeit von Job und Familie getan. Die Geburtenrate jedoch liegt trotz der jüngsten Zunahme immer noch unter dem OECD-Durchschnitt, und die Wahrscheinlichkeit, dass Eltern einen Konflikt zwischen Familie und Beruf sehen, „ist in Deutschland nach wie vor größer als in den meisten anderen europäischen Ländern“, heißt es in der Studie. Die OECD-Sozialexperten schlagen deshalb ein Bündel von Maßnahmen vor – darunter den Ausbau der staatlichen Förderung für Eltern, bei denen beide ihre Arbeitsstunden reduzieren, um sich um die Kinder zu kümmern.

Familienministerin Manuela Schwesig sieht sich damit bestätigt: Die SPD-Politikerin will neben Elternzeit und Elterngeld in Zukunft auch eine neue Leistung für Eltern mit größeren Kindern einführen. Mit einer Familienarbeitszeit und einem Familiengeld sollen berufstätige Mütter und Väter, die sich gemeinsam ums Kind kümmern, länger als bisher unterstützt werden. „Ich möchte Väter ermutigen, sich mehr Zeit für ihre Kinder zu nehmen“, so Schwesig. „Und ich möchte Mütter ermutigen, ihre Chancen im Berufsleben zu ergreifen und ihre Existenzen zu sichern.“ In Kürze will die SPD-Politikerin dazu einen Gesetzentwurf vorlegen.