Braunschweig. Enkeltrick-Täter werden sehr selten gefasst. Die Ermittler hoffen, dass Aufklärung hilft.

Unsere Leserin Nadine Zet bemerkt auf unseren Facebook-Seiten:

Oma und Opa darauf drängen, ihre Namen aus dem Telefonbuch entfernen zu lassen – das hilft schon etwas.

Zum Thema recherchierte Andre Dolle

Der Legende nach soll Arkadiusz Lakatosz den „Enkeltrick“ in den 90er Jahren in Hamburg erfunden haben. Bevor ihn die deutsche Polizei verhaften konnte, ging er nach Polen. Von dort aus machte er weiter. Durch den Enkeltrick wurde er zum Multimillionär.

Lakatoszs Beispiel machte Schule. Dabei läuft der Betrug immer gleich ab. Er funktioniert als Teamarbeit zwischen einem Anrufer, einem Logistiker und einem Abholer. Der Anrufer meldet sich bei alten Menschen und sagt, ohne sich vorzustellen: „Rate mal, wer dran ist.“

Meistens identifizieren die Rentner die Stimme mit einem Verwandten. Sie sagen dessen Namen, der Anrufer gibt sich als ebenjener Verwandter aus, kommt bald auf den Punkt: Er brauche Geld für eine Wohnung oder eine Notlage. Wenn die Alten einwilligen, organisiert der Logistiker die Geldübergabe und setzt den Abholer ein.

Nach dieser Masche erbeuteten Betrüger am Dienstag 48 000 Euro von einem 83-Jährigen aus Gifhorn. Bereits viermal waren Betrüger mit dem Enkeltrick in unserer Region dieses Jahr erfolgreich. Beute: mehr als 100 000 Euro. Der Einzelschaden liegt meistens im fünfstelligen Bereich. Vergangenes Jahr gab es in Braunschweig einen besonders hohen Schaden: Ein Rentner gab Enkeltrick-Betrügern 300 000 Euro – kurze Zeit später weitere 200 000 Euro.

Die Täter durchsuchen systematisch Telefonbücher nach alt klingenden Namen wie Waltraud oder Eberhard. Den Hinweis unserer Leserin hält Rainer Raschke, Sprecher der Polizeidirektion Braunschweig, daher für sinnvoll – er sei aber kein Allheilmittel. „Das Entfernen aus dem Telefonbuch kann helfen – muss aber nicht. Die Täter sind beim Angriff auf das Ersparte der Opfer sehr findig und suchen sich andere Möglichkeiten, eine Rufnummer zu erlangen.“ Oft kann es schon helfen, den Vornamen im Telefonbuch abzukürzen.

Raschke bezeichnet die Täter als „hochprofessionell“. Die Aufklärungsquote sei sehr gering. Der Polizeisprecher ist seit acht Jahren in Braunschweig. In diesem Zeitraum seien lediglich zwei Boten gefasst worden, laut Raschke „kleine Lichter“. Das Geld sei meistens verschwunden. „Das ist bitter.“ Die meisten Anrufe kämen aus dem europäischen Ausland, vermutlich aus Osteuropa. „Das ist oft nicht nachvollziehbar.“ Die Ermittler setzen daher auf Aufklärung. Sie besuchen Seniorennachmittage, sensibilisieren Bankangestellte.

Das sind die wichtigsten Tipps der Polizei gegen den Enkeltrick:

  1. Seien Sie misstrauisch, wenn sich jemand am Telefon nicht selbst mit Namen vorstellt.
  2. Legen Sie einfach den Telefonhörer auf, sobald Ihr Gesprächspartner Geld von Ihnen fordert.
  3. Vergewissern Sie sich, ob der Anrufer wirklich ein Verwandter ist: Rufen Sie die Person unter der bisher bekannten und benutzten Nummer an und lassen Sie sich den Sachverhalt bestätigen.
  4. Geben Sie keine Details zu Ihren familiären oder finanziellen Verhältnissen preis.
  5. Übergeben Sie niemals Geld an unbekannte Personen.
  6. Informieren Sie die Polizei über die 110, wenn Ihnen ein Anruf verdächtig vorkommt.
  7. Wenn Sie Opfer geworden sind: Wenden Sie sich an die Polizei und erstatten Sie Anzeige.